Gedankenspiele

Ruhestand

Ruhestand, schon das Wort weckte in mir lange Zeit Aversionen oder noch schlimmer, der Unruhestand. So ein Blödsinn!

Heute bin ich mittendrin, fühle mich unerwartet wohl und frage mich nach über zwei Jahren nicht mehr wirklich, wie es dazu kommen konnte.
Das System will es nämlich so, dass man von jetzt auf gleich für‘s „Nichtstun“ Geld bekommt, obwohl man noch genauso fit ist wie am Tag zuvor!

Aber, wie konnte es denn wirklich dazu kommen, wie es gekommen ist?
Meine Frau und ich sind in einer Zeit groß geworden, in der man mit der riesigen Kinderflut der Boomer durch das System gespült wurde.
Um alles musste man kämpfen, weil es überall vor Konkurrenz nur so wimmelte. Ellenbogen auf der Straße (wer ging denn schon in den Kindergarten), in der Grundschule (mit mehreren Klassen und nur einer uralten Lehrerin in einem Raum), Zeitungen austragen für ein paar Mark Taschengeld und dann in eine Lehre. Als halbwegs normaler Mensch hatte man dort kaum eine Chance, sich der Übergriffe der schwachsozialisierten Mit-Azubis zu entziehen. Also mitmachen und erster sein! Durchsetzen war angesagt und das war prägend.
Man startete mit einer 42 Std-Woche ins Arbeitsleben, Samstagsarbeit inbegriffen. Das Beitrittsformular zur Gewerkschaft lag direkt unter dem Arbeitsvertrag. In die Hände gespuckt und Ellenbogen raus, beim Kampf um einen Platz an der Sonne. Mit dem ersten Arbeitergehalt keimte die Hoffnung auf, dass sich nun die Tür zum echten Leben öffnen würde. Man lebte aber immer noch bei Muttern und gab Kostgeld ab. Der Rest war Netto für Spaß!
Nachdem die erste Euphorie verflogen war, stellte sich mir, als homo oeconomicus, die Frage: „Wie willst Du eigentlich später mal mit diesem Geld eine Familie vernünftig managen?“. Der Stachel saß. Der Bruder studierte und ich sah bei älteren Kollegen, wie sich Ehepaare, beide mit Nebenjobs, abmühen mussten, um die Kinder in einer einigermaßen anständigen Umgebung adäquat heranwachsen zu lassen. Sollte es das gewesen sein.
Einige suchten ihr Heil beim Lotto, andere kamen auf die schiefe Bahn oder flüchteten sich in Suff oder Drogen und es gab uns, die paar Systemspringer. Es lockte die Begabten-Sonderprüfung, die Mikätzchen (Lehrer-Quereinsteiger des damaligen NRW-Kultusministers, Paul Mikat), die Abendschulen und noch ein paar andere Wege des sozialen Aufstiegs. Man musste eigentlich „nur“ zugreifen und statt Hangover war der Ernst des Lebens plötzlich da. Es war ein sehr mühevoller und jahrelanger Weg in das Bildungsbürgertum und man wurde von den Lottospielern, Müßiggängern und Gestrauchelten bestenfalls belächelte. Manchmal wurde es sogar unfair, auch von vorgesetzter Seite. „Sieh mal, der will was Besseres werden“, war dabei noch die harmlosere Variante. Auf jeden Fall ein wahrscheinlich ungewollter Motivationsschub, es den Idioten später mal heimzuzahlen.
Während andere schwimmen, ins Kino, Stadion oder in die Kneipen gingen, rauften wir uns jahrelang in der Abendschule (Realschule, FOS12, Gymnasium) die Haare. Tagsüber arbeiten, abends Schule, nachts Hausaufgaben und wenn Zeit blieb … Party! Für Party war aber eigentlich noch immer etwas Zeit! Ständig eine Kippe im Mundwinkel (Es gab ja noch den heroischen Marlboro-Mann) mit Flaschenbier auf dem Matratzenlager, endlose Diskussionen über Philosophie, die nächste Klassenarbeit (gepfuschte drei oder ehrliche fünf) und Phantasien, wofür man das alles auf sich nahm.

In der abendschulfreien Zeit tauchten wir immer mal wieder mit unseren alten Autos in die Welt der Lottospieler und Mallorca-Urlauber ein. Die waren zu Hause damit beschäftigt ihre kreditfinanzierten und blitzenden Ford-Capri, NSU-TT oder Rallye-Käfer zu putzen, um sich selber, den Kumpels und, bei der nächsten Fahrt zur Disco, den Mädels damit zu imponieren. Sie hielten uns für beschränkt, weil das Leben doch so viel schöner sein konnte, wenn man kein Bücherwurm war.
Bis ihnen die Zauberformel (2, 1, 5, 8, 9, 3) so heftig auf die Füße fiel, dass kein Stein auf dem anderen blieb und das schöne Coupe doch gegen eine Rostlaube eingetauscht werden musste. Oder … noch ein Kredit für das neue Auto, eine größere Wohnung, Möbel und Erstausstattung. Das war dann oft der Anfang vom Ende, denn die Raten fraßen nur zu oft das schmale Budget auf. Zum Sparen war es dann sowieso zu spät!
(Auflösung: Wenn 2 Menschen 1mal nicht 8geben, sind sie in 9 Monaten zu 3.)
Genau das Szenario, dass mich angetrieben hatte zur Abendschule zu gehen und zunächst einmal Verhütung überaus ernst zu nehmen! Es ist aber nicht immer schön Recht zu behalten. Vor allem nicht, wenn es Bekannte trifft.

Irgendwann waren dann die Mühen des zweiten Bildungsweges doch vorbei. Man hatte ja eifrig für sich selbst und nicht für die Schule gelernt und … gewonnen.
Jetzt hieß es Zelte abbrechen, in eine neue Stadt ziehen, lange Haare abschneiden und ein duales Studium an der FHS beginnen. Oh je, fast alles junge Menschen, frisch vom Gymnasium, keine Ahnung vom Leben und hielten sich für die Besten. Aber ich war nicht allein, es gab noch andere Systemspringer. Nach drei Jahren und nochmals vielen Stunden hinter Büchern kam das Examen und direkt danach eine neue Arbeitsstelle. Wieder in die Gewerkschaft, jetzt aber freiwillig. Berufliche Fortbildungen ohne Ende, neue und oft zusätzliche Aufgaben und viele Überstunden. Nebenbei Gewerkschaftsarbeit und Personalrat. Irgendwann war es dann endlich so weit und die nächste Boomer-Hatz konnte beginnen. Es gingen viel zu wenig Führungskräfte in den Ruhestand, um jedem Streber einen Platz an der Sonne zu hinterlassen. Wieder die früh trainierten Ellenbogen auspacken und durch Leistung überzeugen … Stufe für Stufe die soziale Leiter hinauf. Irgendwann war das Trauma des Underdogs überwunden.
Schlussendlich war ich beruflich erfolgreicher als mein Vater und konnte etliche Jahre später sogar mit dem Bruder, samt Uni-Studium, gleichziehen.

Zwischendurch in der „Freizeit“ lernte ich meine spätere Frau kennen und lieben. Prüfe, wer sich ewig bindet. Wir haben lange geprüft und uns zusammengerauft! Gemeinsam haben wir für den wachsenden Wohlstand unserer kleinen Familie gesorgt. Venus und Mars treffen sich auf der Erde und bilden ein unschlagbares Team.

Urlaube, Kind, Lebensversicherung, (Bau-)Sparverträge und eine private Rentenversicherung wurden abgeschlossen. Irgendwann konnten Wohnung und Auto trotz Sparrate größer werden. Das erste Motorrad zog in die Garage ein und dann, der Traum eines jeden echten Spießers, das eigene Reihenhaus. Die Haare wurden über die hohen Raten rasch grau oder fielen sogar aus, aber irgendwann waren die Schulden getilgt. Das Kind hatte sein eigenes Einkommen und ich eine 1300er YAMAHA und einen Fender-Bass … geht doch!

Unser Einzelkind sollte es mal besser haben und nicht unseren schwierigen Weg gehen müssen. Meine Frau hat daher ständig mitgearbeitet, um unseren Lebensstandard trotz Kind und Haus zu halten. So wurde dem Kind der Einstieg und Verbleib überall ermöglicht, verschönert und erleichtert. Natürlich über Kindergarten, Grundschule, Gymnasium, Studium und einem guten Job, Freundin(-en), Wohnung(-en), Urlaub(-e), Frau, Kind, Hund, eigenes Haus … .
Die Generation „G“ (gepampert)? Etwas ungerecht. Er hat viel selbst erreicht!

Zwischendurch kamen immer mal wieder Menschen, wie die Kollegen von damals, aus der Deckung. Die Lottospieler, die von der schiefen Bahn, die Stadionrowdies und die, Besserwisser, die uns Abendschülern ständig den Vogel gezeigt hatten. Sie meinten, dass sie jetzt auch mal einen Teil vom Kapitalistenkuchen haben wollten. Man sollte doch so langsam mal die Besserverdienenden, Vermögenderen und Reihenhausbesitzer etwas mehr zur Kasse bitten. Sie hätten jetzt ja wohl auch mal einen Anspruch auf Wohlfahrt.
Echt jetzt? Geht‘s noch? Fahrt wohl, mit eurem kreditfinanzierten Opel zum Stadion, nach Mallorca oder spielt Lotto! Ihr fandet das doch auch früher so toll!

Und dann, sollte eines Tages einfach der Stecker herausgezogen werden und man sollte in den Ruhestand verabschiedet werden. Von einem Tag auf den nächsten, von 100 auf Null. Ich habe mich zunächst erfolgreich gewehrt und mein Arbeitsleben um ein Jahr verlängert. Dann kam aber der endgültige Rausschmiss, eine jüngere Frau übernahm meinen Job und machte ihn, dem Vernehmen nach, auch noch gut.
Kurz darauf ging auch meine Frau in den Ruhestand, wurde aber postwendend wieder als Minijoberin eingestellt, weil man keinen Ersatz bekam.

Gerade hatten wir noch als „Mr. & Mrs. Wichtig“ Projekte geleitet, die allgemeine Wirtschaftslage analysiert, Prognosen erstellt oder im Labor der Klinik Leben gerettet, um sich erneut in einer Boomer-Welle wiederzufinden.  Die Rentnerschwemme spült den Arbeitsmarkt leer und droht das Sozialsystem zu sprengen.

Durch unser kumuliertes Alterseinkommen und mietfrei Wohnen ist für uns die Rechnung von damals aufgegangen. Alles richtig gemacht, auch ohne Lotto! Die Tretmühle von damals ist längst vergessen, war aber persönlichkeitsbildend!
Jetzt lockt das jährliche Rentnertreffen, bei dem wir über den weiteren Werdegang des Unternehmens informiert werden. Die anfänglich freundlichen Kontakte mit den ehemaligen Arbeitskollegen schliefen im Laufe der Zeit ein, wie der Hintern nach 200 Km auf meinem alten Motorrad. Ich hatte ja versprochen nicht wie Belphegor (Wer kennt ihn noch?) über die Home-Office-leeren Flure zu streichen.

Der Beruf hatte Freude und Anerkennung gebracht und zu einem ausgefüllten Leben beigetragen. Jetzt hieß es etwas „Ehrenamtliches“ suchen, was evtl. auch Spaß machen könnte. Glücklicherweise war ich ja bereits vorher aktiv gewesen: Gewerkschaft, Umwelt, Motorrad, Sport, Musik machen, an gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Vorgängen sehr interessiert usw. Aufrücken in den Vorstand des Vereines, Kassierer oder andere Jobs annehmen. Da lagen bereits etliche auf der Lauer, um einen dieser „heißbegehrten“ unbezahlten Jobs an den Mann zu bringen. Wir haben ja jetzt Zeit! Nicht zu vergessen Care-Dienste an der süßen Enkelin, wenn es uns passt, die Kinderfrau ausgefallen oder die Kita mal wieder geschlossen ist. Im Hintergrund lauern auch noch die hochbetagten Eltern meiner Frau auf ihre Zuwendungen. Freunde und Verwandte sollen ebenfalls nicht auf ihren angestammten Anteil am Freizeitbudget verzichten.
Irgendwie haben sehr viele Menschen davon erfahren, „dass man jetzt Zeit hat“ und wenn man nicht ganz genau aufpasst, hat man bald weniger Zeit als vorher.

Einiges ist immer noch wie früher …
Die Kneipen sind immer noch voller Lottospieler, die alles besser wissen. In und vor den Fußballstadien prügelt man sich immer noch das Hirn weg.  Schiefe Ebenen wird es immer und überall geben. Die Leistungsverweigerer zeigen einem immer noch einen Vogel und träumen den hochmodernen, aber abwegigen Traum vom bedingungslosen Ruhestand auf Mallorca. Sie realisieren dabei nicht, dass sie dann mindestens älter und/oder kranker sind, aber auf jeden Fall die Kohle ohne Sparguthaben und mit ihren hohen Mieten dafür nicht ausreichen wird. Die Banken, Autohäuser und Reiseunternehmen leben allerdings sehr gut damit, weil man sich ja mal was gönnen muss, auch wenn es auf Kredit ist!

… und einiges wird zum Teil drastisch anders!

Jetzt sind meine Frau und ich Angehörige einer der größten gesellschaftlichen Gruppen. Wir sind die Boomer-Rentner.
Wir haben bei jeder Wahl ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Ohne unser Votum läuft politisch kaum etwas. Wirtschaftlich sind wir eine Großmacht, weil wir so viele Konsumenten sind und Zeit haben. Man muss uns anhören!
Leserbriefe und Artikel werden verfasst, versendet und im Internet verbreitet. Selbst dem Bundeskanzler fährt der Schrecken in die Hose, wenn die FDP von Rentenreform spricht und dementiert umgehend. Der Spruch von Norbert Blüm, schallt immer noch vom sozialdemokratischen Himmel: „Die Renten sind sicher!“ Einen Scheiß sind sie!
Testament, Pflege- und Patientenverfügung, Beschreibung der Weltanschauung, Blutspendeausweis, eine Sammlung der Versicherungs- und Bankunterlagen liegen für die Hinterbliebenen sorgsam zusammengetragen und griffbereit parat.
Das YAMAHA-Naked-Bike ist einer Honda-Reise-Enduro gewichen. Der Tribut an den steifer werdenden Rücken und die Knie.

Aber wir müssen auch aufpassen, dass wir nicht abgehängt werden.
Wir treiben immer noch Sport, nur die Radtouren schrumpfen von ehemals 120 Km auf 70 Km am Tag. Spätestens am Berg oder bei Gegenwind wird jetzt der E-Antrieb zugeschaltet. Wir sind immer noch verhältnismäßig schlank, aber der jungendliche Glow ist einer Patina gewichen, die einer mittelalterlichen Skulptur zur Ehre gereichen würde. Das allmorgendliche Work-Out wurde ausgedehnt, dient aber nicht mehr dem Muskelaufbau, sondern der Verhinderung des Muskelabbaus und dazu, dass man sich noch nach den vielen Dingen bücken kann, die einem jetzt unweigerlich aus den Händen gleiten. An allen Ecken und Enden zwickt und zwackt es.
Albernen Merksätze bekommen plötzlich Bedeutung, so z.B.: „Wenn du morgens aufwachst und keine Schmerzen mehr hast, bist Du tot.“ Selten so gelacht!
Man zelebriert Gewohnheiten, bis hin zum Altersstarrsinn. Viele Dinge, die man früher mit einem Lächeln abgetan hätte, nerven heute ungeheuer und können einem sogar den Tag verderben. Man wird skuril!

Freunde verabschieden sich. Manche ziehen sich nur zurück, manche für immer.
Das Weltbild verändert sich, da man nie mehr zur Rashhour unterwegs sein muss. Überall nur noch Rentner oder Frauen, die entweder schwanger sind oder mit heranwachsenden Kindern herumlaufen. Die Bewohner in der Nähe von Kindergärten, Spielplätzen und Schulen tun einem plötzlich leid, weil sie dem ständigen Lärm der tobenden Kinder ausgesetzt sind. Nichts geht mehr zügig. An der Kasse kramen unsere Altersgenossen und genervte Mütter lange in der Tasche nach der Börse. Man fährt bedächtig und bleibt unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit oder eiert ohne Blinker zu setzen um die Kurven, ist ja heutzutage alles so unendlich mühselig und gefährlich.  
Als arbeitender Mensch kam man früher, meist in Hektik, gegen 18:00 nach Hause und merkt nichts von alledem.

Unser Sohn erklärt uns bereits öfters die schöne neue Welt, wie wir sie ihm vormals auch vermittelt haben. Aber TikTok & Co interessieren uns nicht wirklich. Comedians und sonstige Albernheiten langweilen uns zu Tode. Die ersten Schritte ins Aus?
Man darf gespannt sein, wie das weiter geht. Unsere Enkelin wächst jedenfalls mit dem IPhone, IPad usw. auf und kann in einem Alter bereits bestens damit umgehen, in dem wir damals noch im Sand spielten.
Noch macht es mir keine große Mühe einen Onlinetermin bei der Stadtverwaltung zu vereinbaren. WLAN, Bluetooth, ChatGpt und Airprint sind Begriffe, mit den man etwas anfangen kann, aber die Technik galoppiert weiter und der Rentner hastet zu Fuß hinterher. Irgendwann wird dem Rentner die Puste ausgehen, der Abstand wird größer und die Welt fremder.
Spätestens wenn das neue Motorrad dem Gehfrei weichen soll, wird Schluss mit lustig sein! Der Ruf ertönt sowieso bereits: „Wieso fährst Du in Deinem Alter eigentlich noch Motorrad? Ist doch viel zu gefährlich und überhaupt, in Deinem Alter müsste man doch eigentlich vernünftiger sein!“
„Weil ich noch gar nicht so alt bin!“, schreit es dann aufbäumend und wider besseres Wissen in meinen Kopf! Hört ja keiner, denn die sehen nur meine Glatze und den Schlabberhals, weil die coole Kappe und das blöde Halstuch verrutscht sind.

Noch wird die Welt drumherum schneller, wenn man rechts am Gasgriff dreht und das Bike lässig abgeht! Aber wie lange noch? Am Horizont erscheinen drohend Gehstock, Leselupe und Schnabeltasse.
Man will jung sterben, sich damit aber noch ganz schön viel Zeit lassen! Wenn dann der Film zu Ende gehen sollte, würde ich sehr gerne selber den Vorhang von der Bühne meines Lebens zuuziehen können und nicht das Elend tapfer ertragen müssen.

Unser Rentnerdasein ist genauso vielfältig wie das Leben, mal schön und mal nicht!
Fortsetzung folgt wahrscheinlich.


Ehe der Shitstorm losgeht:

Ich weiß, dass ich oft spitz formuliert habe und es insbesondere etlichen Rentnern finanziell überhaupt nicht gut geht. Das ist beklagenswert. Die deutsche Durchschnittsrente liegt bei 1.550,00 €. Wer etwas von Statistiken versteht, weiß, dass es dann einige Rentner besser geht, andere schlechter gestellt sind und dass sich beide Seiten so in etwa die Waage halten müssen. Daneben gibt es aber auch etliche Rentner mit Betriebsrenten und anderen Versorgungsansprüchen oder Eigentum und Kapitalerträgen, die bei der Durchschnittsrente nicht berücksichtigt werden. Ebenso gibt es Menschen, die durch das soziale Netz fallen. Denen muss dann angemessen geholfen werden.
Sicherlich gibt es auch Berufsgruppen, die aus gutem Grund frühzeitiger aus dem Erwerbsleben ausscheiden sollten, aber müssen dafür ganze Kohorten in den Vorruhestand, den Arbeitskräftemangel verstärken und die Sozialversicherung und Wirtschaft ruinieren? Alle wollen später und weniger arbeiten, früher in den Ruhestand und bezahlen soll das dann … ja wer denn?
Ich weiß, dass nicht jeder die soziale Chance oder das geistige Potential hat eine Bildung zu erwerben, die Wohlstand versprechen würde. Aber nicht jeder kann alles ohne Leistung haben.
Das Sozialsystem ist unter ganz anderen Voraussetzungen vom alten Bismark initialisiert worden. Es wurde durch sachfremde Leistungen kanibalisiert, die man besser aus allgemeinen Steuermitteln finanziert hätte und nicht nur von den Beitragszahlern, denen dadurch das Einkommen dahinschmilzt. Die Arbeitgeber sind u.a. auch wegen der Last der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr konkurrenzfähig.
Mich persönlich stört aber am meisten, dass die, die damals alles vermeintlich besser wussten, mir oft das Leben schwer gemacht haben und durch eigenes Tun oder Nicht-Tun maßgeblich zu ihrer eigenen Misere beigetragen haben, uns jetzt unser Leben neiden! Ja, mein Sohn hatte es einfacher als deren Kinderschar und meine Enkelin wird es voraussichtlich nochmals besser haben. Insbesondere dann, wenn sie eines Tages neben unserem Haus und Vermögen auch das unseres Sohnes und seiner Frau erben wird. Meine Frau und ich haben vor vielen Jahren damit angefangen Eigentum zu schaffen und mein Sohn hat das mit seiner Frau fortgeführt. Erben ist für mich daher keine Makel, sondern ein Produkt von Fleiß, Weitsicht, Erziehung und einem Quäntchen Glück des Tüchtigen.

Wie überall gibt es natürlich zwischen weiß und schwarz jede Menge Graustufen! Aber man darf nicht jede Eigenverantwortung oder Reform des Sozialwesens im Keim ersticken, weil alle Angst vor dem nächsten Wahltermin haben, an dem der vielleicht selbstgemachte Systemverlierer oder benachteiligte Rentner mit Rache drohen könnte?
Obwohl viel zu viele Hirnakrobaten die AfD und andere Spinner wählen. Aber das ist ein anderes Thema!