Leider ist vorausschauendes Handeln aber nicht unsere Stärke und es stellt sich die Frage, ob und, wenn ja, wie nachteilig sich das auf uns und die Welt auswirkt.
Entgegen allen Warnungen haben wir uns von dem ach so günstigen russischen Gas abhängig gemacht, um dann eine krachende Bauchlandung zu erleben. Was haben wir gelernt? Wenig!
Wir machen uns gerade von chinesischen Produkten noch abhängiger. Ebenfalls entgegen laut vorgetragenen Warnungen. Die nächste Schlappe ist im Anmarsch!
Amerikanische Bankiers verteilten so lange Immobilienkredite an nicht zahlungskräftige Kunden, bis das globale Finanzsystem beinah kollabierte. Was haben wir gelernt? Wenig! In China droht die nächste Pleitewelle im aufgeblähten Immobiliensektor. Welche Tsunamis dort entstehen und uns mitreißen werden, muss noch erlebt werden.
Andererseits haben wir in Jahrhunderten gedacht und uns in Deutschland aus der Atomkraft verabschiedet, weil uns die nicht kalkulierbaren zukünftigen Risiken um den Schlaf brachten. Vergleichbar sichere, moderne Atomkraftwerke wurden stillgelegt und einige Kilometer weiter braselt man in Belgien mit maroden Meilern in Tihange weiter und produziert tonnenweise Atommüll, für den es immer noch kein Endlager gibt. Dafür haben die Länder mit Atommeilern billigen Strom und wir in Deutschland wirtschaftlich das Nachsehen.
Wie klug war das denn?
Derweil schüren Medien und interessierte Gruppen Szenarien, in denen der Mensch dem Weltuntergang und seiner eigenen Ausrottung entgegensteuert, bei dem er die gesamte Flora und Fauna mitreißt. Bei genauer Betrachtung ein eher unwahrscheinliches Szenario. Denn der Mensch besetzt jeden Winkel der Erde, hat bisher nie gekannte Technologien zur Hand und eine monströse Präsenz auf diesem Planeten erreicht (Der Mensch stellt alleine ein Drittel der gesamten Biomasse dieses Planeten), die ein komplettes Auslöschen unwahrscheinlich werden lässt. Obwohl wir es in der Hand haben durch unüberlegtes und einem nach dem kurzfristigen Erfolg ausgerichtetem Handeln große Teile unserer Habitate zu zerstören und es uns und unseren Mitlebewesen äußerst ungemütlich zu machen.
Dass irgendwann die Sonne erlischt oder ein gewaltiger Meteorid den Weltuntergang einläutet ist sicher, entzieht sich aber unserer Gestaltungsmöglichkeit. Vielleicht aber doch nicht so ganz. Die für kurzfristige Ziele und so nebenbei für die menschliche Selbstzerstörung hergestellte Atombombe könnte mindestens teilweise zu unserer Rettung beitragen, wenn sie, klug eingesetzt, einen drohenden Meteoriten-Einschlag abwendet, indem sie den Himmelskörper aus seiner zerstörerischen Bahn wirft.
Ein Schmankerl aus der Gruppe „ungewollt gut gemacht“!
Zunächst scheint es ja sinnvoll zu sein, vorsorgend in die Zukunft zu blicken. Rücklagen für Krankheiten, Rente, Ausbildung der Kinder bilden und joggen für die eigene Gesundheit sind wohlfeile Ratschläge. „Unsere Kinder sollen es mal besser haben.“, ist immer noch ein romantisches Narrativ, dass aber leider nur so lange gilt, bis man sich tatsächlich einschränken muss. Da werden dann sinnlose und massenweise Urlaubsflugreisen um die halbe Welt zu notwendigen Bildungsreisen und zur unverzichtbaren Mitteln der Völkerverständigung umgedeutet, auch wenn man dadurch die Zukunft seiner „Lieben“ unwiederbringlich zerstört.
Die Trefferquote scheint sowieso nicht besonders hoch zu sein (siehe oben). Der Sinnspruch: „Die beste Versicherung ist die, die man nicht braucht!“, ist bezeichnend.
Soll also jede Generation ihre eigenen Probleme lösen?
Sollen wir die Demokratie abschaffen, weil die Politiker nachgewiesener Maßen (John Buxton, Universität Warwick, GB) doch nur in Wahlperioden denken?
Der Wirtschaftswissenschaftler William Nordhaus hat festgestellt, was wir alle eigentlich schon lange geahnt haben oder sogar wussten. Politiker sind kurz vor den nächsten Wahlen besonders spendabel. Kaum im Amt, werden wieder Sparmaßnahmen durchgeboxt.
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?
Der Horizont reicht anscheinend nur von 12:00 bis Mittag! Bin ich erst einmal an der Macht, muss ich mich ja den Sachzwängen ergeben. Deja vue bei der nächsten Wahl.
Also löst doch jede Generation zunächst mal ihre eigenen Probleme? Der gesellschaftliche Wertewandel und vor allem der technologische Fortschritt sind sowieso so rasant, dass wir die Lösungen für die Probleme von Morgen noch nicht einmal vorausahnen können. Es sei denn wir gehen in den Bereich Science Fiktion, dort hat man vieles belächelt, was dann später eingetreten ist.
Es gibt auch genügend Beispiele, dass politische Planung in die Irre führen. Planvorgaben in sozialistischen Systemen waren eher einem Wunschdenken geschuldet als dem realistischen Leistungsvermögen.
Auch Wissenschaftler sind da nicht besser, noch in den frühen 1930er Jahren bescheinigten sie, dass die Atomkraft wohl nie wirtschaftlich genutzt werden könne. In den frühen 1980er Jahren sahen sie das Massenmedium Internet nicht voraus und erfolgreiche Firmen wie Nokia oder Blackberry verpassten den Anschluss an die Smart-Phone-Ära.
Politiker sind sowieso besser bei dem Management von Katastrophen und lassen sich daher lieber mit Gummistiefeln im überfluteten Ahrtal ablichten, als bei der Ausarbeitung von Wiederansiedlungsverboten in hochwassergefährdeten Gebieten oder so richtungsweisenden Entscheidungen wie Sterbehilfe, Abtreibung, Pränataldiagnostik, Stammzellenforschung, Artenschutz, Wiedervernässung von Mooren, CO2-Reduzierung usw.
Wenn es denn so einfach wäre. Der aktuelle politische Handlungs- und Planungshorizont endet derzeit bei den meisten Politikern so um 2050. Umeltproblematiken werden im ähnlichen Zeitraum betrachtet.
Leider werden die meisten heute lebenden Menschen noch darüber hinaus leben und werden von den heutigen ausbleibenden oder fehlenden Entscheidungen zum Teil hart getroffen werden!
Sei es der eventuelle Zusammenbruch der Rentensysteme und der Märkte, dem Ende der europäischen/deutschen Friedensära, der Überhitzung der Erde oder anderer Dinge.
Lernen aus der Vergangenheit ist anscheinend auch nur bedingt möglich, sonst stünden wir in der Welt nicht schon wieder vor Kriegen, der rechte Mob zöge nicht wieder durch die Straßen und der Ruf der Separatisten würde nicht wieder erschallen. Man muss ja schon froh sein, dass der Brexit keine Erfolgsgeschichte ist, wenn einem die Leute in GB nicht so leid täten.
Dem gegenüber steht in den Verfassungen von über 40 Ländern Paragraphen, die auf die Interessen der nachfolgenden Generationen hinweisen. In Deutschland gibt es höchstrichterliche Entscheidungen, dass das Wohl der nachfolgenden Generationen im politischen Handeln beachtet werden muss. In über 200 UN-Resolutionen wurden die Interessen der Nachfahren erwähnt (NZZ-Folio, Mai 2024).
Der Philosoph Roman Krznaric stellt fest, dass wir die Zukunft wie einen fernen Außenposten der Zivilisation behandeln würden, wo man beliebig viel Müll aller Art entsorgen kann. So wie wir z.B. im „Wilden Westen“, Südamerika, Australien und eigentlich überall die Rechte der Ureinwohner missachtet haben, missachten wir heute die Rechte unserer Nachfahren. Er berechnete, dass auf der Erde bisher ca. 100 Milliarden Menschen geboren wurden. In weiteren 50.000 Jahren werden es wahrscheinlich 800 Mal mehr Menschen sein. Wer gibt uns das Recht deren Leben zu missachten und wer lässt uns glauben, dass unseres mehr Wert sei als deren.
Wahrscheinlich der gleiche Irrsinn, der uns glauben lässt, dass nur ein Teil der Menschheit das „Auserwählte Volk“ sei und alle Götter nur einem Irrglauben entsprungen seien, außer dem eigenen natürlich.
Was ist aber die Lösung?
Die Autokraten von heute versprechen die schnelle und einfache Lösung all dieser Probleme, da sie sich nicht langen demokratischen Entscheidungsprozessen unterwerfen müssen.
Das Problem ist aber, dass Macht korrumpiert und es wohl niemals den guten und wohlgesonnenen Autokraten geben wird. Bisher hat noch keine Untersuchung feststellen können, dass autokratische Regime langfristig irgendetwas besser machen konnten als demokratische. Das Gegenteil ist der Fall! Laut einer Studie von Jamie McQuilkin, Universität Island, belegten beim International Solidarity Index (Nutzung erneuerbarer Energien, kleine Klassenräume, geringe Kindersterblichkeit usw.) meist die demokratisch regierten Länder die vorderen Plätze.
Auch wenn es mühselig erscheint, ist das Schwarmwissen nicht zu unterschätzen. Wir können und dürfen niemandem unsere Demokratie vorschreiben oder aufzwingen, aber wir müssen die Verantwortlichen dazu bringen auch verantwortlich in unserem Sinne und in dem unserer Nachfahren zu handeln. Auch wenn das heute gar nicht mehr so einfach ist, dann ein Mensch im 21. Jahrhundert muss nach Schätzung von Wissenschaftlern an einem Tag so viele Informationen verarbeiten, wie Menschen im 15. Jahrhundert in ihrem ganzen Leben. Ich kann das nicht verifizieren, aber es wird in diese Richtung gehen.
Jedes Lebewesen der Erde ist auf seine Weise und nach seinen Fähigkeiten bemüht, seinem Nachwuchs das Überleben zu ermöglichen. Das sollte der Mensch auch machen und seine Fähigkeiten und Möglichkeiten sind so gewaltig, wie nie zuvor.
Wie haben die Evolution in weiten Teilen außer Kraft gesetzt. Unsere Medizin ermöglicht das Überleben von Individuen, die früher bereits im Kindbett gestorben wären. Wir Leben über Zeiträume, die früher zwei Generationen vorbehalten waren. Wir sammeln Ressourcen an, die wir vererben und geben unseren Nachkommen ein zuvor kaum gekanntes Startkapital mit auf den Weg. Auch wenn nicht alle die gleichen Möglichkeiten haben.
Gleichzeitig zerstören wir aber mit einem Wisch (Let‘s have fun!) die Lebensgrundlage unserer Nachkommen.
Der nackte Irrsinn!
Vielleicht ist es daher gar nicht so wichtig der beste Hellseher zu sein. Vielleicht ist es viel wichtiger der beste Troubleshooter zu sein.
Wir sollten dem Rat des Arztes, Jonas Salk folgen, der bereits 1955 jedem Politiker die Frage ans Herz legte, ob er ein guter Vorfahr sei.
Außerdem gelten folgende Grundsätze:
Auch Untätigkeit ist eine Handlung und zieht Folgen nach sich, deren Auswirkungen bedacht werden müssen!
Lieber eine schlechte Entscheidung als keine und dann den Mut haben Fehler einzugestehen und abzuändern!
Wir haben nur diese eine Welt, behandeln wir sie auch dementsprechend!
Keine Macht den Doofen!
(Inspiriert von Flurin Clalüna, NZZ-Folio-Redaktion)
