Donald Trump mutiert zum Donald „Dumb“
Börsenabsturz, Rezessionsangst? Abwarten, mahnen Trump-Fans. Der Präsident spiele „4-D-Schach“ und wisse genau, was er tue. Fünf Punkte jedoch deuten auf etwas anderes, etwas Dummes: Donald Trump lebt 35 Jahre alte nationalistische Fantasien aus. (1)
Wer mehr darüber erfahren will, wie Mr. Dumb tickt, muss nicht durch meterdicke Lektüre wälzen, Philosophen, Wirtschaftstheoretiker oder Politwissenschaftler studieren. Es reicht, wenn man einige, wenige Blätter eines überkommenen Männermagazins auf sich wirken lässt.
Bereits beim ersten Treffen von Angela Merkel mit unserem Protagonisten, im März 2017, waren sich alle außenpolitischen Berater in einem Punkt früh und schnell einig: Angela Merkel muss auf jeden Fall dessen alte „Playboy“-Interview von 1990 lesen. Es ist bis heute verblüffend aufschlussreich und aktuell. Hier beschreibt er seine empathiefreie Auffassung vom starken Mann Amerika, der Freund und Feind zum eigenen Nutzen übervorteilt schnörkellos, sogar bei der Einschätzung von Trumps aktueller Zollpolitik.
Dumm geboren und nichts dazugelernt? Der Mann will die Nato nicht, auch keinen Freihandel, er will ein Amerika, das sich wie in den Dreißigerjahren auf sich selbst zurückzieht. Schon damals wurden, entgegen der Absicht, massive Teuerungswellen in den USA ausgelöst. Der Handel ging zurück, rund um den Globus wuchs der Nationalismus, am Ende steuerte die Welt in einen Weltkrieg. (2)
Ich will die Verbrechen von Hitler und seinen Schergen hiermit nicht relativieren, aber die Weltwirtschaftskrise hat dazu beigetragen, dass die Bürger sich auch in Deutschland einem starken Mann zuwendeten und nationalsozialistischen Rattenfängern auf den Leim gingen.
Die zentrale Frage heute: Wie hoch sind die Opfer, die Trump seinem Land und seinen Leuten bei einem zweiten Großversuch dieser Art zumuten will? Trump-Fans mahnen dieser Tage gebetsmühlenartig, man möge bitte vorbeisehen an den aktuellen Börsenverlusten und ökonomischen Verunsicherungen aller Art. Es gehe um „short term pain“ gegen „long term gain“, die kurzfristige Inkaufnahme von Schmerz, um langfristig viel Gutes zu erreichen. Trump wisse genau, was er tue, auch wenn sich vielen dies nicht gleich erschließe.
Fünf Punkte, die eher für einen Mr. Dumb als für einen legendären Präsidenten mit Visionen für ein florierendes Amerika sprechen:
1. Trump lebt 35 Jahre alte Fantasien aus
Trump war noch kein Politiker, als er dem „Playboy“ 1990 ein Interview gab. Doch schon damals spielte er mit dem Gedanken, einer zu werden. Die öffentliche Aufmerksamkeit steigerte er mit dem Hinweis, in diesem Fall werde einiges mal etwas anders laufen. Drei eigentümliche, bis heute relevante Botschaften ragten damals heraus.
- Trump will Rache und Härte: „Wenn jemand versucht, mich ungerecht zu behandeln, kämpfe ich härter zurück als sonst jemand, den ich kenne.“
- Trump verabscheut Bündnisse: „Ich denke, unser Land braucht mehr Ego, weil wir von unseren sogenannten Verbündeten wie Japan, Deutschland, Saudi Arabien, Südkorea und so weiter über den Tisch gezogen werden.“
- Trump träumt von einer schönen neuen Zoll-Welt: „Ich würde als erstes auf jeden Mercedes-Benz, der auf unserer Straße entlang rollt und auf jedes japanische Produkt eine Steuer setzen. Dann hätten wir auch wieder wunderbare Verbündete.“
Mehr Härte, mehr Ego, mehr Abschottung – eine solche Politik, glaubte Trump schon damals, werde ihn in den USA populär machen: „Der Arbeiter würde mich wählen. Er mag mich. Wenn ich die Straße lang gehe, rufen sie mir das auch aus ihren Autos heraus zu.“
Wie sehr muss man sich von der Welt eines Durchschnittsamerikaners entfernt und seinen wahnhaften Ideen verschrieben haben!
Schon 1990 wollte Mr. Dumb die Welt mit Konzepten retten, die bereits einmal in ein Desaster geführt haben. Um wieviel mehr gilt das heute, 2025, in einer vernetzten Welt!
2. Trumps Team ist schwach und schludrig
Als Trump im Jahr 2017 seine erste Regierung aufstellte, gab es noch die sogenannten „Erwachsenen im Raum“, Kabinettsmitglieder, von denen jeder ahnte, dass sie dem Präsidenten notfalls widersprechen würden. Diese Zeiten sind vorbei.
Der Machtmensch Trump hat die drei Gewalten der Demokratie (Judikative, Legislative und Exekutive) sowie die Presse erfolgreich gleichgeschaltet. Genau das aber bringt ihn jetzt in Schwierigkeiten. Ihm selbst fehlt für den gigantischen Konflikt, den er soeben höchst emotional angezettelt hat, der nötige Sachverstand. Als Trump im Jahr 2017 seine erste Regierung aufstellte, gab es noch die sogenannten „Erwachsenen im Raum“, Kabinettsmitglieder, von denen jeder ahnte, dass sie dem Präsidenten notfalls widersprechen würden. Diese Zeiten sind vorbei. Erfahrene Politprofis wurden gnadenlos abgesägt. Ein Blick hinüber zur anderen Weltmacht, Russland, hätte ihm gezeigt, dass selbst so ein Autokrat wie Putin klug genug ist, um auf altgediente Profis vom Schlage eines Sergei Lawrow zu setzen. (3)
Die Vorstellung der Zollpläne vor der Weltpresse im Rosengarten des Weißen Hauses geriet zur globalen Blamage. Die Supermacht USA leistete sich einen schon vom Niveau her angreifbaren Auftritt. Gleich mehrere von Menschen unbewohnte, dafür aber von Pinguinen bevölkerte Inseln wurden laut der Tabellen, die Trump stolz vor den Kameras in Händen hielt, mit Strafzöllen belegt.
„Nie wieder also werden wir uns von Tokelau übers Ohr hauen lassen“, höhnte Moderatorin Rachel Maddow im Sender NBC angesichts eines auf Trumps Liste erwähnten Inselstaats im Pazifik. Dort leben, in vier kleinen Dörfern, knapp 1500 Menschen.
Doch die Lage ist ernst. Mit dem Rest der Staatenwelt findet Washington derzeit schon mathematisch keine Gesprächsgrundlage – wegen Ungereimtheiten auf amerikanischer Seite. Die angebliche aktuelle Zollbelastung der USA ließ das Weiße Haus nach einer Formel errechnen, über die Ökonomen die Hände zusammenschlagen: Das Handelsdefizit der USA wird geteilt durch die Exporte des jeweiligen Landes, das Ergebnis wiederum halbiert – und soll nun einen Zolltarif darstellen, auf den das Weiße Haus reagieren wolle. „Ein außergewöhnlicher Unsinn“ nach Einschätzung von Experten.
Geht es nur um eine einzige diffuse Rempelei? Manche rechtfertigen dies als Ausdruck einer Chaos-Strategie, die erstmal alle durcheinander bringe, am Ende aber in Verhandlungen münde. Doch der angerichtete Schaden könnte viel zu groß und am Ende kaum noch zu beheben sein – nicht zuletzt für die USA selbst.
3. Musk geht in die 180-Grad-Kurve
Amerika, meint Trump, müsse sich endlich mal hinter die „amerikanischen Autos“ stellen. Die aber bestehen, was der Präsident verkennt, heute bereits mehr denn je aus lauter im Ausland bestellten Teilen. Trumps Zölle würden den Import verlässlicher, für den Weltmarkt produzierter High-Tech-Komponenten verteuern. Die Aussicht auf solchen Unfug macht allen US-Herstellern zu schaffen, auch der Firma Tesla von Freund und Förderer Elon Musk.
Musk scheitert im Zollkonflikt nun endgültig an seinen Interessenkonflikten. Er würde seinem Unternehmen Tesla schaden, wenn er sich für mehr Zölle einsetzte. Musk hält trotz aller aktuellen Wirren an einem Mindestmaß an ökonomischer Logik fest. Dass er den weltfremden Trump-Berater Navarro „dumm wie ein Sack Ziegel“ nannte, muss niemanden überraschen. In einer erstaunlich klaren Abkehr von allen Trutzburg-Theorien sprach sich Musk sogar für den Übergang zu Freihandel zwischen den USA und der EU aus. Dieses Projekt war zuletzt in Zeiten von Barack Obama und Angela Merkel verfolgt worden – und wurde nach dem Wahlsieg Trumps 2016 politisch beerdigt.
4. Trump unterschätzt seine Gegner
Trump hat sich in einem für ihn bei Umfang und Timing planbaren Konflikt, allen jahrtausendealten Strategieregeln der Menschheit zum Trotz mit vielen Gegnern gleichzeitig angelegt. Er unterschätzt sie allesamt, sogar die in seiner eigenen Partei.
Schon schert, als erstes Schwergewicht unter den Republikanern, Senator Ted Cruz aus Texas aus: „Wenn wir in eine Rezession geraten, besonders in eine schlimme, könnte das für uns Republikaner ein Blutbad bei den Zwischenwahlen im November 2026 bedeuten. Wir hätten es dann mit einem demokratischen Repräsentantenhaus und möglicherweise sogar mit einem demokratischen Senat zu tun.“
Im globalen Maßstab ist China aktuell der Big Player, der Trump gerne sein möchte. Umsichtig schiebt sich die Regierung in Peking als Anwalt der Vernunft ins weltweite Bild, spricht gegenüber Europa vom gemeinsamen Ziel einer regelbasierten Ordnung und bittet bereits die Handelsminister von Japan und Südkorea zum Tee.
5. Trump selbst startet die Debatte um „Präsident Dumb“
„Dumb“: Seinen Kindern habe er immer gesagt, sie sollten dieses Vier-Buchstaben-Wort besser niemals jemandem an den Kopf werfen, erzählt Senator Richard Blumenthal, Demokrat aus Connecticut. Doch dann benutzte er es selbst vor dem Hohen Haus: Was Trump in der Zollpolitik veranstalte, sei nun mal „dumb“.
„Dumb“ bedeutet im Amerikanischen so viel wie „dumm,“ „doof“, ein bisschen schlimmer als „stupid“. Und plötzlich scheint es, als könne Trump tatsächlich getroffen werden durch Attacken, die weniger auf die politische Ausrichtung seiner Politik zielen, sondern auf sein intellektuelles Niveau, seine Auffassungskraft, seine Offenheit für komplexe Entwicklungen.
Eine Kampagne gegen „Präsident Dumb” wäre gefährlich für Präsident Trump, auch wegen des für seine Gegner amüsanten Gleichklangs der Silben. „Trump ist wirklich viel dümmer, als wir dachten (a lot dumber than we thought), titelt „New-Republic“-Herausgeber Michael Tomasky. Trumps Zollpolitik sei nicht nur „völlig unamerikanisch“, sie sei launisch, zerstörerisch und dumm (dumb)“, sagt der renommierte weltpolitische Kommentator des Senders CNN, Fareed Zakaria.
Schon im Februar warnte das „Wall Street Journal“ vor „The dumbest trade war in history“, dem dämlichsten Handelskrieg aller Zeiten. Es war nicht irgendjemand, der da sprach, es war das Leitorgan der New Yorker Finanzszene. Warum, fragen inzwischen viele, schlug Trump solche Warnungen in den Wind?
Gehört zur Antwort ein Wort mit vier Buchstaben?
Quellen:
(1) https://www.rnd.de/politik/trumps-zollpolitik-ist-schlicht-zu-dumm-XGDMEAHLVJDDPDLJLJK2J5BU24.html
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Sergei_Wiktorowitsch_Lawrow
