Nach der Wahl ist vor der Wahl
Die EU-Wahl ist gelaufen und hat Brandspuren hinterlassen. Das Parlament in Frankreich wird aufgelöst, in Deutschland hat sich zumindest die Erkenntnis durchgesetzt, dass es „so nicht bleiben kann“ und überall kommen die Rechten und Extremen aus ihren Löchern.
Aber kam das alles wirklich so überraschend?
Jeder der zuhören wollte konnte wissen, dass ein beachtlicher Teil der deutschen Bevölkerung den Ansturm der Migranten so nicht mittragen wollte. Jeder konnte in Presse, TV und in den Kneipen hören, dass vielen Deutschen die straffälligen Menschen mit Migrationshintergrund ein brennender Dorn im Auge sind und dass die kaum wahrnehmbare strikte Durchsetzung der Abschiebunbg offen missbilligt wird. Wenn man darüber hinaus überall in der Presse verfolgen kann, dass viele Deutsche lieber an irgendeinen Unsinn glauben (Coronaleugner, Impfgegner, Anhänger irgendwelcher Sekten, Reichsbürger usw.) als an wissenschaftliche Erkenntnisse, muss man schon sehr weltfremd sein, wenn man annimmt, dass sich das gerade in der Politik nicht niederschlagen würde.
Jeder der sehen und hören konnte, konnte wissen, dass die Jugend an der Ecke nicht von „Fridays for Future“ präsentiert wird. Das politische Kalkül, man brauche nur die politisch doch so interessierte Jugend an ihrer Zukunftsgestaltung zu beteiligen und an die Wahlurnen zu lassen, um das links-grüne Lager zu stärken, war doch von Anfang an nur verblendetes Wunschdenken von Intellektuellen, die den Kontakt zur Realität verloren haben. Man kann nicht dauernd von Pisa-Katastrophen, Schul-Desaster, Kita-Elend, durch Corona vereinsamte und zusätzlich abgehängte Kinder und von der Jugendkriminalität berichten, um dann zu denken, dass man eine selbstständig und wissenschaftlich denkende Jungwählerschaft vorfinden wird, die aus welchem Grund auch immer anders wählt als ihre AfD-affinen Eltern.
Man kann auch nicht immer auf den Koalitionspartner oder den politischen Mitbewerber draufhauen, Statistiken und wissenschaftliche Daten verdrehen, bis einem das Ergebnis zusagt, ohne dass es zu einer handfesten Politik- und Wissenschaftsverdrossenheit kommt.
Hier zeigt sich Versagen auf breiter Front. Lieber Sport in der Schule vernachlässigen, Jugendtreffs nicht mehr finanzieren, Sportvereine allein lassen und die politische Bildung der jugendlichen der AfD auf TikTok überlassen. Politiker, Lehrer, Erzieher, Wissenschaftler, Eltern und etliche andere Gruppen haben nicht ihren Job gemacht, sondern bestenfalls geschlafen, aber viel eher ihr eigenes Ding auf Kosten der Menschen verfolgt. Meinungsmachern und Populisten das Feld überlassen und die Hammel sind (vollkommen überraschend) hinterher getrabt! Oh je, sogar bis zur Wahlurne!
Wie konnte das nur passieren?
Wen wundert es, dass Demagogen und Menschen mit einfachen Lösungen für komplexe Probleme hier in die offene gesellschaftliche und politische Flanke springen und es dem Rattenfänger von Hameln gleich machen? Wenn die AfD etwas professioneller aufgetreten wäre und nicht noch kurz vor der Wahl so einen Mist gemacht hätte, wäre das Wahlergebnis vielleicht noch viel schlimmer gewesen!
Es gibt jetzt bis zur nächsten Wahl für uns alle viel zu tun. Es ist zu spät für bloße Betroffenheitsbekundungen und Lippenbekenntnisse am Tag des Desasters, die einige Tage später nicht mehr das Papier wert sind auf dem sie stehen!
Wenn der Blockwart erst wieder an jeder Ecke steht, ist es endgültig zu spät!
