Das unsichtbare Netzwerk
Wie die Kirchen unsere Politik und Gesellschaft in Deutschland durchdringen
Deutschland ist, im Gegensatz zu Frankreich, kein laizistischer Staat mit einer strikten Trennung von Kirche und Staat, sondern eher ein säkularer. Die Kirchen, insbesondere die vorherrschenden evangelische und die katholische Kirche, sind gemäß dem Grundgesetz zwar von Staat und Politik getrennt, doch ihre tatsächliche Rolle geht weit über ihren pastoralen Auftrag hinaus. Durch ihren Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts und ein historisch gewachsenes, dichtes Geflecht von persönlichen und institutionellen Verbindungen durchdringen die Kirchen zentrale Bereiche der Politik, des Sozialstaates, der Wirtschaft und große Teile der Gesellschaft. Das gilt insbesondere für die konservativen Kräfte, die immer noch das Sagen haben.
Im Verlauf dieser Ausarbeitung wird aufgezeigt, dass diese Verflechtungen sehr gut geeignet sind die spezifischen ethischen, wirtschaftlichen und politischen Interessen der Kirchen in Gesetzgebung, in Entscheidungsgremien und in die öffentliche Meinungsbildung einzubringen, durchzusetzen und dass das auch zielführend geschieht. Die Kirchen beeinflussen damit Entscheidungen, die eigentlich einer demokratischen Meinungsbildung vorbehalten sein sollten.
Die Einflussnahme der Kirchen stützt sich dabei auf starke Säulen: Die offiziellen Lobby-Strukturen, die massive Präsenz im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie ein breites, persönliches Netzwerk in politischen und gesellschaftlichen Gremien.
1. Die offiziellen Lobby-Stellen
Die formale Einflussnahme geschieht über professionelle Lobby-Einrichtungen, die ganz offiziell, aber von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, in Berlin und auf Landesebene aktiv sind.
Das Katholische Büro (Kommissariat der deutschen Bischöfe) (1) und die Bevollmächtigten des Rates der EKD (2) bei Bund und EU pflegen ständigen Kontakt zu Parlamentariern und Ministerien. Sie sind im Gegensatz zu vielen Wirtschaftslobbyisten von der Eintragungspflicht im Lobbyregister des Bundestages ausgenommen, was ihre Arbeit zusätzlich intransparent macht (3). Einige Eintragungen, z.B. von Wohlfahrtsverbänden, werden allerdings auf freiwilliger Basis vorgenommen. Grundsätzlich erfährt die Öffentlichkeit aber nicht, mit welchem Budget, welchen Personalressourcen und in welchem spezifischen Anliegen die Kirchen versuchen ihre Interessen durchzusetzen.
Basierend auf der Anzahl der Referentenstellen in den jeweiligen Organigrammen, Teams dieser Organisationen und der Ableitung aus den öffentlich bekannten Strukturen der Büros arbeiten in den Berliner Zentralen, journalistisch geschätzt, zusammen etwa 40 bis 55 Personen. Genaue Angaben wurden nicht allgemein zugänglich veröffentlicht.
Darüber hinaus stehen ihnen weitere wirkmächtige Helfer zur Verfügung.
Die großen Kirchen (Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz/Verband der Diözesen Deutschlands (DBK/VDD)) erreichen jeweils mehrere zehn Millionen Menschen als Mitglieder, die ihrerseits in der Gesellschaft ihre religiös untermauerten Einstellungen zu Sachverhalten des täglichen Lebens einbringen. Nicht wenige sitzen an den Schaltstellen des Landes (Ethikrat, Medien, Parteien, Vereine usw.)
Typische soziale Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime, soziale Dienste sind sehr häufig in kirchlicher Hand. Von der Wiege bis zum Sarg haben die Kirchen darüber direkten Zugang und beeinflussen zum Teil ganz subtil oder auch vehement das persönliche Leben vieler Millionen Menschen und können hier, nicht zuletzt auch wegen ihrer enormen finanziellen Macht (geschätzt ca. 450 Mrd. € (4), ihr Gedankengut wirkmächtig verbreiten. Das geschieht sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich und verlangen von ihren Bediensteten zum Teil eine stringente Unterwerfung unter deren religiös-fundamentalistischen Wertekanon. Unbeschadet dessen entlastet der Staat die kirchlichen Träger meist durch maßgebliche Zahlungen.
Hier drängt sich der Begriff „Unterwanderung“ auf, aber nicht als geheime Machtergreifung, sondern als systemische Verflechtung von Kirche, Staat und öffentlichem Leben Sie ist zwar aus der Zeit gefallen (5), aber dennoch demokratisch legitimiert, in weiten Teilen auch staatlich finanziert, aber in ihrer Wirkung oft unbekannt, unterschätzt aber dennoch äußerst wirkungsvoll.
2. Das institutionelle Netzwerk
Kirchenvertreter sind auf Grund gesetzlicher Regelungen in vielen entscheidenden gesellschaftlichen Kontroll- und Beratungsgremien präsent:
Öffentlich-rechtliche Medien:
In den Rundfunk- und Verwaltungsräten von ARD und ZDF (6) sind Sitze für Kirchenvertreter gesetzlich reserviert. Dies sichert ihnen ihren Einfluss auf die Programmgestaltung, die mediale Darstellung kirchenkonformer Lebensweisen und die Steuerung gesellschaftlicher Debatten.
Beratungsgremien:
Im Deutschen Ethikrat (7) sind Theologen und Ethiker mit klarem kirchlichem Hintergrund vertreten, deren Expertise die staatliche Beratung in sensiblen Fragen (wie Sterbehilfe oder Gentechnik) maßgeblich im Sinne der Kirchen prägt.
Wirtschaft und Soziales:
Als größter nicht-staatlicher Arbeitgeber Deutschlands (Caritas und Diakonie) geben sie über die Arbeitsverträge Lebensentwürfe vor, die sich am kirchlichen Moralkodex ausrichten und werden höchstrichterlich darin unterstützt (8).
Die Kirchen nehmen darüber hinaus ihre Interessen über Aufsichtsräte und Sozialgremien im direkten Einfluss auf Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wahr (9).
Der wichtigste Weg der direkten Einflussnahme ist die Besetzung von Gremien in der gesetzlichen Sozialversicherung. Dies ist gesetzlich vorgesehen und resultiert aus der Rolle der Kirchen als Leistungserbringer und Arbeitgeber im Sozialwesen.
In den Organen der Sozialversicherungen (Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung) sind die Kirchen durch ihre Wohlfahrtsverbände und Vertreter präsent.
Die Diakonie und die Caritas sitzen in den Verwaltungsräten und Vertreterversammlungen der großen gesetzlichen Kassen (z.B. AOKs, VdAK, Rentenversicherungen). Hier nehmen sie Einfluss auf die Verteilung der Mittel, die Ausrichtung der Satzungsleistungen und die Qualitätsstandards der Versorgung. Sie wirken direkt an Entscheidungen über die Finanzierung ihrer eigenen Einrichtungen (Krankenhäuser, Pflegeheime etc.) mit und lassen sich deren Betrieb auch noch weitgehend aus allgemeinen Steuermitteln bezahlen (10).
Die Verbände sind obligatorisch in alle relevanten gesundheits- und sozialpolitischen Gremien eingebunden:
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheidet darüber, welche medizinischen Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden. Auch wenn die Kirchen dort keine direkten Mitglieder stellen, sind die Verbände in den vorberatenden Gremien und über die Verbände der Leistungserbringer stark vertreten und bringen ihre ethisch-moralischen (z.B. Bioethik) und wirtschaftlichen Interessen ein (11).
Auf Ebene der Bundesländer und Kommunen sind Kirchenvertreter in den Ausschüssen und Beiräten der Sozialhilfeträger vertreten, die über die konkrete Verteilung von Sozialleistungen und die Bedarfsplanung (z.B. für ihre eigenen Kita-Plätze oder Pflegebetten) entscheiden.
3. Auf dem Arbeitsmarkt
Auf dem Arbeitsmarkt nehmen die Kirchen direkten Einfluss über ihre Sonderstellung im Arbeitsrecht, bekannt als der „Dritte Weg“.
Kirchen als Arbeitgeber sind aufgrund ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts von den Tarifvertragsgesetzen ausgenommen (12). Sie handeln ihre Arbeitsbedingungen nicht mit klassischen Gewerkschaften aus, sondern in paritätisch besetzten, innerkirchlichen Kommissionen.
- Evangelisch: Diakonische Arbeitsrechtliche Kommissionen (ARK)
- Katholisch: Kommissionen zur Ordnung des kirchlichen Arbeitsrechts (KODA)
Durch diesen „Dritten Weg“ beeinflussen die Kirchen indirekt die gesamte Arbeitsmarktpolitik, insbesondere im Sozial- und Gesundheitswesen, denn die in den kirchlichen Gremien festgelegten Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) setzen die Standards, insbesondere die Lohnhöhe, für weite Teile des Pflegesektors (13).
Das Streikrecht ist in kirchlichen Einrichtungen stark eingeschränkt oder ausgeschlossen, was ein wichtiges politisches und arbeitsrechtliches Thema ist.
Bis heute gilt in kirchlichen Einrichtungen eine Loyalitätspflicht gegenüber den Grundsätzen der Kirche. Zwar wurden die Bestimmungen gelockert (z.B. bei der Wiederheirat nach Scheidung), aber in bestimmten Bereichen (z.B. dem Bekenntnis zum kirchlichen Auftrag) werden weiterhin spezifische Anforderungen gestellt, die die allgemeine Arbeitsmarktpolitik nicht kennt.
Zusammenfassend nutzen die Kirchen ihre Rolle als Trägerin von Sozialleistungen und ihre Rechtsstellung, um sowohl die Finanzierung und Gestaltung der sozialen Sicherungssysteme als auch die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in einem der größten Beschäftigungssektoren Deutschlands aktiv mitzubestimmen.
3. Die Präsenz in politischen Parteien
Der Einfluss auf die politische Meinungsbildung wird durch ein dichtes, personales innerparteiliches Netzwerk vertieft, das bis in die Fraktionen und Parteispitzen reicht. Etliche Mitglieder in parteiinternen Führungspositionen vertreten öffentlich klerikal ausgerichtete gesellschaftliche Positionen und unterstützen innerhalb der Parteien konservative Blöcke, die oft weltanschaulich neutrale Entwicklungen verhindern. In jeder Partei gibt es auch direkte Fürsprecher der Kirchen.
Die CDU ist historisch aus dem „Katholischen Zentrum“ entstanden und daher stark klerikal ausgerichtet. Es gibt aber insbesondere noch die CDA (Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft). Herausragende Person ist Thomas Rachel. Als Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) und Fachsprecher für Kirchen und Religionsgemeinschaften der Unionsfraktion agiert er als direkter Multiplikator kirchlicher Anliegen in der CDU/CSU. Er ist Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Der EAK hat direkten Einfluss auf die politische Beschlussfassung der Union.
In der SPD wirkt der ökomenisch ausgerichtete AKC (Arbeitskreis Christinnen und Christen) und darüber hinaus der SKP (Sozialdemokratischer Konvent für Kirche und Politik). Dies ist ein informelles Netzwerk von Sozialdemokraten, die sich in Kirche und Politik engagieren und den Dialog zwischen Kirche und Partei fördern. Hier ist sticht Lars Castellucci hervor. Als Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD (AKC) ist er in der sozialdemokratischen Fraktion verankert. Er war Mitglied der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Beide Parteien pflegen engen Kontakt zur KAB (Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung) und weiteren katholischen Sozialverbänden (z. B. Kolpingwerk).
Bei den Grünen ist der EAK (Evangelische Arbeitskreis) aktiv. Diese innerparteiliche Gruppierung ist das wichtigste Bindeglied zu den Kirchen. Sie ist konfessionell nicht streng begrenzt, sondern versteht sich als ökumenisch offen für alle Konfessionen. Bei den Grünen wäre insbesondere Katrin Göring-Eckardt zu benennen. Sie ist Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Hat Theologie studiert und war in der DDR in der „Solidarischen Kirche“ aktiv.
Auch wenn die FDP traditionell als eher säkulare Partei gilt, ist der Dialog mit den Kirchen durch einen eigenen Beauftragten gewährleistet, der den Kontakt zu den Kirchen hält und deren Positionen in die liberale Politik einbringt (ehemals Stefan Ruppert).
Die Linke pflegt den Dialog mit den Kirchen, oft über sozialpolitische Fragen, da sie ähnliche Anliegen im Bereich der Armutsbekämpfung und sozialen Gerechtigkeit teilen. Die Fraktion hat regelmäßig einen Sprecher für Kirchen und Religionsgemeinschaften (z.B. Bodo Ramelow) benannt.
Die AfD definiert ihr Verhältnis zu den Kirchen stark über die Bewahrung der christlichen Kultur und des sogenannten „christlichen Abendlandes“. Die AfD-Fraktion hat eine offizielle kirchenpolitische Sprecherin (Nicole Höchst), die den Kontakt pflegt. Der Fokus liegt auf der national-konservativen Auslegung christlicher Werte, insbesondere im Bereich des Lebensschutzes und der Familienpolitik. Die Partei steht oft in Konflikt mit den amtierenden Kirchenleitungen (EKD und Bischofskonferenz) wegen deren Haltung zur Flüchtlings- und Migrationspolitik.
Die Wirkung dieser Vernetzung zeigt sich besonders deutlich in ethisch sensiblen Gesetzgebungsverfahren, wo die Kirchen ihre moralische Autorität zur Durchsetzung ihrer Positionen nutzen.
Fallstudie: Der assistierte Suizid
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020, das das Recht auf selbstbestimmtes Sterben bestätigte, war das oberste Ziel der Kirchen, eine gesellschaftliche Normalisierung der Suizidassistenz zu verhindern. Die Lobbyarbeit in dieser Debatte war massiv.
Kernforderung: Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände (Caritas und Diakonie) lobbyierten erfolgreich dafür, dass ihre Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die bekanntlich maßgeblich durch staatliche Mittel finanziert werden, trotzdem keine aktive Mitwirkung an der Suizidassistenz leisten müssen.
Strategische Verschiebung: Anstatt die Neuregelung zu akzeptieren, lenkten die Kirchen den politischen Fokus auf die Suizidprävention und den Ausbau der Palliativversorgung. Dies war die zentrale Forderung ihrer Lobbyarbeit, die schließlich im Bundestag zu einem fraktionsübergreifenden Antrag zur massiven Stärkung der Prävention führte. Die gesetzliche Regulierung der Suizidassistenz scheiterte zwar, doch die kirchliche Präventionsagenda wurde erfolgreich durchgesetzt (14).
Fallstudie: Die Liberalisierung der Bestattungskultur
Im Bereich des Bestattungswesens, das Ländersache ist, wehren sich Kirchenbüros und Beauftragte auf Landesebene vehement gegen eine Liberalisierung:
Die Kirchen lehnen die Aufhebung des Friedhofszwangs und die Erlaubnis der Urnenaufbewahrung zu Hause, die See-/Flussbestattung oder die Fertigung von Erinnerungsdiamanten ab. Sie argumentieren, dass diese Liberalisierung die Würde des Toten gefährde und die öffentliche Trauerkultur untergrabe. Damit wird ein theologisch-ethischer Standpunkt mit staatlicher Verantwortung verknüpft, um die Bewahrung des Friedhofs als zentralen kirchlich geprägten Ort zu sichern. Die Lobbyarbeit zielt darauf ab, die von den Kirchen kontrollierten Friedhöfe und Bestattungsrituale als gesellschaftliche Norm zu festigen (15).
5. Immobilien
Die evangelische und katholische Kirchen sind aufgrund historischer Schenkungen und staatlicher Entschädigungen (Staatsleistungen) eine der größten nichtstaatlichen Land- und Immobilienbesitzerinnen in Deutsch
Die genauen Zahlen bezüglich des Landbesitzes sind schwer zu ermitteln, werden aber von Agrarwissenschaftlern und Medien basierend auf Katastereinträgen auf mindestens 800.000 Hektar geschätzt. So auch der Bodenatlas der Agrarministerien (16). Nicht immer stehen christliche Werte im Vordergrund, wie man bereits öfter feststellen musste (17).
Neben Kirchengebäuden besitzen die Kirchen Wohn- und Geschäftshäuser, die als Einnahmequelle dienen. Die Diözesen und Landeskirchen sind oft die größten Vermieter in ihren jeweiligen Regionen.
Kirchen vergeben Bauland im Rahmen von Erbpachtverträgen (Leasing des Grundstücks). Dies ermöglicht es ihnen, das Land langfristig zu halten und über die Vergaberegeln indirekt Einfluss auf die Bevölkerung zu nehmen. Sie können kirchliche Bindungskriterien in die Verträge aufnehme (18).
5. Finanzwesen und Vermögensverwaltung
Die Kirchen sind riesige Finanzinstitute, die Milliarden von Euro verwalten. Die 27 katholischen Diözesen und die 20 evangelischen Landeskirchen verwalten Vermögen, das Schätzungen zufolge im zweistelligen Milliardenbereich liegt. Die Gelder werden in Aktien, Anleihen und Fonds angelegt. Die veröffentlichten Zahlen in Jahresberichten der Bistümer zeigen oft Anlagevermögen in Milliardenhöhe (19).
Die Kirchen unterhalten eigene Banken (z.B. Pax-Bank, Bank für Kirche und Diakonie eG – KD-Bank), die auf kirchliche und soziale Kunden spezialisiert sind. Deren Geschäftszweck ist die Bereitstellung von Krediten und Finanzdienstleistungen für kirchliche Einrichtungen und deren Mitarbeiter (20).
Die Anlagepolitik ist zwar durch ethische Kriterien geregelt (keine Investitionen in Rüstung, Kinderarbeit etc.), aber das schiere Volumen der Investitionen macht die Kirchen zu wichtigen Akteuren auf dem Kapitalmarkt.
6. Sonstige Wirtschaftliche Beteiligungen
Die Kirchen sind auch in spezifischen Dienstleistungs- und Medienbereichen wirtschaftlich tätig.
Die Kirchen besitzen Anteile an Verlagshäusern (z.B. katholische und evangelische Zeitungsverlage (21)), Rundfunkanbietern und Filmproduktionsfirmen (22) (z.B. die katholische Verlagsgruppe Weltbild, bis zu deren Umstrukturierung).
Die Kirchen sind in der Versicherungsbranche engagiert oder stehen ihr sehr nahe (z.B. die Bruderhilfe Sachversicherung AG und die Pax-Familienfürsorge), die auf kirchliche Risiken und Kunden spezialisiert sind. Diese Versicherer sind oft Genossenschaften oder Aktiengesellschaften, die historisch aus dem kirchlichen Umfeld entstanden sind und primär kirchliche und diakonische Risiken abdecken.
Fazit
Die christlichen Kirchen in Deutschland nutzen ihre privilegierte Stellung und ihr unsichtbares Netzwerk in Politik, Ethikgremien und Sozialwirtschaft, um weit über ihren Glaubensauftrag hinaus politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu nehmen. Die detaillierte Analyse der Debatten um den assistierten Suizid und das Bestattungswesen belegt beispielsweise eine gezielte und effektive Einflussnahme durch gut vernetzte Einzelpersonen und professionelle Lobby-Strukturen.
Sie sind darüber hinaus nicht nur Empfänger von Kirchensteuer und staatlichen Leistungen, sondern agieren als professionelle Big-Player im innerdeutschen Wirtschaftsumfeld. Die Verwaltung dieser riesigen Vermögenswerte, insbesondere des Grundbesitzes, ermöglicht eine langfristige und generationenübergreifende Einflussnahme auf die Gesellschaft, die über rein politische Lobbyarbeit hinausgeht. Sie werden dabei von eigenen Medienagenturen und Fachverlagen unterstützt und über eigene Banken finanziert.
Sie sind dabei ein Teil des weltumspannenden Wirtschafts- Finanzgeflechtes der Kirchen, was sie zu einem riesigen internationalen Konzern macht, der seine Interessen mit Kalkül vertritt.
Es ist zu erwarten, dass andere Religionsgemeinschaften zukünftig gleiche Vorrechte anstreben werden. Das heißt, dass weitere Player versuchen werden, ihr religiös ausgerichtetes Gedankengut in das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben einzubringen, was zu einem weiteren Rückgang einer nach freien Weltanschauungen ausgerichteten Lebensweise führen und der gesellschaftliche Gestaltungsspielraum weiter ausgehebelt würde. Die freie Religionsausübung ist grundgesetzlich garantiert und soll nicht abgeschafft werden, aber weil Demokratie und Pluralismus mehr brauchen als Tradition, nämlich Transparenz, Kontrolle und faire Beteiligung aller, sollten die Vorrechte der Kirchen kritisch hinterfragt und eher eingeschränkt, als auf andere Religionsgemeinschaften ausgedehnt werden.
Diese Darlegungen machen deutlich, dass die politische Rolle der Kirchen in einer säkularen Gesellschaft dringend kritisch hinterfragt und die Intransparenz ihrer Lobbyarbeit durch staatliche Stellen beendet werden muss.
Quellennachweis:
(1) https://kath-buero.de/unsere-aufgaben
(2) https://www.ekd.de/Der-Rat-der-EKD-offentliche-Stimme-der-Evangelischen-Kirche-in-Deutschland-13622.htm
(3) Im Lobbyregistergesetz (§ 2 Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. § 2 Abs. 3) steht, dass „Kirchen sowie andere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften“ von der Registrierungspflicht ausgenommen sind. Die Begründung im Begleitdokument des Bundestags sagt ausdrücklich, dass diese Ausnahmen aufgrund der im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit (Art. 4 GG) und der verfassungsrechtlich geschützten Rolle von Religionsgemeinschaften geboten sind.
(4) https://meinungundbericht.com/religion/religionen-fortfuehrung/13/
(5) Beispiel Staatsleistungen, die nach den Ausführungen im Grundgesetz abgelöst werden sollten https://www.deutschlandfunkkultur.de/kirche-finanzierung-staatsleistungen-100.html
(6) https://www.ibka.org/de/artikel/miz94/erste_reihe.html
(7) https://www.ethikrat.org/ueber-uns/ethikratgesetz#c5154
(8) https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsrecht_der_Kirchen
(9) Die Präsenz in den Verwaltungsräten und Gremien der Sozialversicherungen ergibt sich aus den Regelungen zur Selbstverwaltung der Sozialversicherung und der Stellung der Kirchen als maßgebliche Träger von Sozialleistungen: Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung: Regelt die Zusammensetzung der Organe der Selbstverwaltung (z.B. Verwaltungsräte).
Sozialgesetzbuch V (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung: Regelt die Beteiligung von Verbänden der Leistungserbringer (wobei Diakonie und Caritas die größten sind) an der Gestaltung der Versorgung.
Bundessozialgericht (BSG): Entscheidungen des BSG haben die Rolle und die Verpflichtung der kirchlichen Träger zur Mitarbeit in den Gremien stets bekräftigt.
(10) https://meinungundbericht.com/religion/religionen-fortfuehrung/13/
(11) Die Zusammensetzung der Verwaltungsräte und Vertreterversammlungen ist auf den Webseiten der gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherungen einsehbar und belegt die Präsenz von Vertretern kirchlicher Träger. Die Geschäftsordnung und die Struktur des Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) belegen die Einbindung der Leistungserbringerverbände (darunter die Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege) in die Vorbereitung und Umsetzung von Entscheidungen.
(12) Das Fundament für die gesamte Sonderstellung der Kirchen, einschließlich ihrer Rolle als Arbeitgeber und im Sozialwesen, bildet das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht: Grundgesetz (GG) Art. 140 i.V.m. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung (WRV) Dies garantiert den Kirchen das Recht, ihre inneren Angelegenheiten – wozu das Arbeitsrecht und die Organisation ihrer caritativen Dienste zählen – autonom zu regeln.
(13) Die spezielle Regelung des Arbeitsrechts (Dritter Weg) ist die direkte Folge des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts und im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 118 Abs. 2 dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform. Diese Norm befreit kirchliche Einrichtungen von den Regelungen des BetrVG und ermöglicht so die Aushandlung der Arbeitsbedingungen in den internen, paritätischen Kommissionen (KODA, ARK) anstelle von Tarifverträgen mit Gewerkschaften.
(14) Stellungnahmen des Katholischen Büros und der EKD-Bevollmächtigten zu den Gesetzesentwürfen zur Suizidassistenz (Bundestag, 2022/2023), Berichterstattung und Stellungnahmen der Diakonie und des Deutschen Caritasverbandes zur Suizidassistenz (2020–2024)
(15) Stellungnahmen der Kirchenbüros und kirchlichen Beauftragten in den Landesparlamenten zur Novellierung der Bestattungsgesetze (z.B. Rheinland-Pfalz, Bremen).
(16) Der Spiegel, Süddeutsche Zeitung: Zahlreiche investigative Berichte zum Grundbesitz der Kirchen (z.B. „Die Landmasse Gottes“). Die Schätzungen basieren auf Angaben von Landesforstbetrieben und Agrarwissenschaftlern.
(17) https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/unchristliche-immobilien-geschaefte-wie-die-katholische-kirche-mit-grundstuecken-geschaefte-macht/
(18) Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG): Gesetzliche Grundlage. Die Fachliteratur zum kirchlichen Erbaurecht verweist auf die Möglichkeit der Aufnahme kirchlicher Bindungsklauseln.
(19) Offizielle Vermögensberichte der Erzbistümer: Z.B. Erzbistum Paderborn, Bistum Limburg, Erzbistum Köln. Diese Berichte belegen Vermögenswerte im Milliardenbereich.
Z.B. Vermögensbericht des Erzbistums köln: https://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/ebkportal/erzbistum/finanzen/.content/.galleries/downloads-finanzbericht/ebk_finanzbericht2024.pdf
(20) Geschäftsberichte der Pax-Bank oder der Bank für Kirche und Diakonie eG (KD-Bank): Bestätigen ihre Funktion als spezialisierte Finanzinstitute.
https://geschaeftsbericht.pax-bank.de
(21) Medienfachdienste und Handelsregisterauszüge von kirchlichen Verlagen und Medienhäusern.
https://www.kirche.media, https://www.epd.de/fachdienst/medien, https://www.dbk.de/katholische-kirche/aufgaben/medien, https://www.ekbo.de/wirken/medienarbeit usw.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_katholischer_Verlage,
(22) https://www.erf.de, https://ewtn.de, https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Christlicher_Hörfunksender_(Deutschland), https://de.wikipedia.org/wiki/Eikon_(Produktionsgesellschaft)
