Sterbehilfe

Selbstbestimmter Suizid

Vor einigen Tagen hatte ich ein Gespräch mit einem gläubigen Menschen, der davon überzeugt war, dass man den selbstbestimmten Suizid der Eltern nach den eigenen Moralvorstellungen werten und ggf. verhindern müssen.
Mich erstaunt immer wieder mit welcher Selbstverständlichkeit Vertreter der moralisierenden, meist christlich ausgerichteten Minderheit in Deutschland das Recht für sich beanspruchen, dass Leben anderer Menschen zu reglementieren.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner an Deutlichkeit nicht zu übertreffenden Gerichtsentscheidung klargestellt, dass der Mensch in Deutschland das Recht hat über sein Leben und über seinen Tod selbst entscheiden zu können, ohne jemandem über seine Gründe Rechenschaft ablegen zu müssen.
Ich sehe natürlich ein, dass es Situationen gibt, in denen ein Nachfragen sinnvoll ist. Insbesondere wenn der Suizidwunsch Ausdruck einer mentalen Erkrankung ist. Aber da hört es schon auf, denn wenn jemand wegen der physischen oder psychischen Qualen einer Krankheit seinem Leben ein Ende bereiten möchte, ist das seine Sache! Das schließt ja nicht aus, dass man im Verlauf seiner Krankheit auf Heilungschancen und Linderungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht wird.

In dem oben aufgeführten Gespräch befürchtete der Gesprächspartner, dass die hochbetagten Eltern möglicherweise aus dem Leben scheiden wollten um dem Nachkommen noch eine lange Nutzungsdauer des Erbes zu ermöglichen. Seine Empörung kannte zunächst keine Grenzen.
Es sei aber selbst in einem solchen Fall die Nachfrage erlaubt, was diese hochbetagten Menschen zu so einem Schritt treiben könnte? Wenn die Liebe zu Nachkommen größer ist als der Wunsch weiterzuleben, muss es dafür Gründe geben und diese müssen für den Nachkommen nicht akzeptabel und schon gar nicht nachvollziehbar sein!
Sicherlich darf man darüber sprechen, aber die Empörung: Das darf man nicht! Ist für mich zunächst verwerflich und eine unzulässige Einmischung in höchst private Angelegenheiten. Wenn sich der Erbe mit dem Erbe dann schwer tut, ist das die Angelegenheit des Erben und nicht die des Erblassers!

Jemandem das Gestaltungsrecht über sein Leben zu verwehren, weil Nachkommen, Verwandte, Freunde oder öffentlichen Institutionen damit ein Problem haben ist im höchsten Maße anmaßend, unmoralisch und verwerflich!

Nachtrag:
Ich habe soeben eine Nachricht von einem schwer krebskranken Menschen erhalten, der schreibt: Ich bin froh belgischer Staatsbürger zu sein und diese Möglichkeit zu haben, dass erleichtert mir den Umgang mit meiner Krankheit ungemein. Ein echter Luxus!