Wir brauchen Europa mehr als uns vielleicht lieb ist!
Vor einigen Tagen hatte ich ein Erlebnis, dass mich zum Denken und nun auch zum Schreiben angeregt hat. Auf dem Marktplatz von Rodenkirchen hatte die AfD einen Stand zur Wahlwerbung aufgestellt und nach kurzer Zeit war dieser Stand, in angemessener Entfernung und von einem Polizeiaufgebot begleitet, von einer protestierenden Menge umgeben. Man konnte zwar beobachten, dass sich die meisten Passanten mit den Protestlern solidarisierten, aber dennoch einige durch den Kordon gingen und sich Wahlwerbungsunterlagen der AfD aushändigen ließen oder sich sogar gegenseitig in die Arme fielen.
Was passiert da mitten in Deutschland? Längst totgeglaubte Zombies feiern fröhliche Urstände!
Wir erleben gerade alle, wie Autokraten, wie Putin, Trump, Erdogan, Orban, Xi, Kim Jon-un usw. unsere Welt umkrempeln und die AfD gleiches für Deutschland versucht. Was gestern noch galt, ist heute oft nur noch Makulatur. Die westliche Welt, so wie wir sie vor einigen Jahren noch kannten, existiert nicht mehr. Sie war regelbasiert, offen und die Anerkennung von Menschenrechten und Staatsgrenzen war Räson. Allerdings war sie auch zum Teil ungerecht, kapitalistisch, hat die Ressourcen der Welt unangemessen ausgeraubt, Arten ausgerottet und sie an den Rand des Ruins getrieben. Sicherlich können wir so nicht weitermachen, denn wenn uns unser bisheriges Handeln hierhergebracht hat, kann ein weiter so keine Wende zum Besseren bringen.
Schon wieder offenbart eine Meinungsumfrage unter Europäern, dass man erwartet, sicherer, unter Wahrung des Wohlstandes und eines ausgeprägteren Selbstverständnisses leben zu können. Verantwortungsvolle Wissenschaftler mahnen schon seit Jahren, dass wir umweltpoltisch umdenken müssen, um die nahende Klimakatastrophe abzuwenden oder, Stand heute, nur noch etwas abzumildern!
Politiker sind aufgerufen ihre Politik an den tatsächlichen Bedürfnissen der Wähler und der deutschen und europäischen Gesellschaft auszurichten. Sonst geht es weiter mit dem Rechtsruck, der Umweltzerstörung, dem Artensterben usw., was wir allerorts erleben.
Dann leben wire demnächst in einer anderen Welt!
Zunächst ist das einfacher gesagt als getan, da von Ost nach West und Nord nach Süd die unterschiedlichsten Interessen bestehen und sich Geltung verschaffen wollen. Wirtschaftlich, geopolitisch aber auch klimatisch liegen offenbar Welten zwischen uns Europäer, aber auch innerhalb Deutschlands. Man fragt sich, wo die Brückenbauer bleiben, denn diese Probleme sind nicht nur die Probleme der Deutschen und Europäer, die Staaten der USA haben genau die gleichen Probleme, arbeiten aber unter einem Dach, um ihre Ansprüche auf der Welt machtvoll durchzusetzen.
Wir haben ein ganz eigenes Problem, nämlich die über Jahrhunderte entstandene politische Gemegelage, die aus Königs-, Herzogs- und Bischofstümern entstanden ist und irgendwie immer noch unser Denken bestimmt. Der föderale und kommunale Aufbau der politischen Landschaft Deutschlands ist ein beredtes Beispiel dafür, wie man sich gegenseitig bis zur Verzweiflung behindern kann. Jede Stadt kauft andere Straßenbahnen, Busse, Feuerwehrautos und jeder Kreis und jedes Bundesland baut kräftig an eigenen, sich oftmals sehr unterscheidenden Strukturen.
Es bedarf eines Kraftaktes, viele dieser Strukturen zu vereinheitlichen. Zentralabitur, einheitliche Tarife der Daseinsvorsorge und die Zusammenlegung von Verwaltungsstrukturen und Zuständigkeiten. Die Vereinfachung von gesetzlichen Regelungen, Verordnungen und Sicherheitsstandards und vieler anderer Regelungen und behördlichen Zuständigkeiten, die bei genauer Betrachtung nur dazu dienen können, jedem Bürgermeister einen möglichst großen Unterbau zu verschaffen. Die Vorhaltung von Rechenzentren in jeder Kommune und die Verwendung unterschiedlichster Programme zur Bewältigung der gleichen Aufgaben sind ebenso Anachronismen, wie die örtliche Vorhaltung vergleichbarer Institutionen zur Daseinsvorsorge.
Wir sind grundgesetzlich verpflichtet die Gleichheit der Lebensverhältnisse innerhalb Deutschlands herzustellen. Dann packen wir es doch mal richtig an, inklusive einer Änderung des Grundgesetzes und der europäischen Verträge. Ja, das wird schwierig, aber das darf uns nicht abhalten die richtigen Entscheidungen zu treffen!
Aber eines muss uns klar sein. Es gab in jedem bisherigen System Verlierer und es wird auch in einem neuen System zwangsläufig Verlierer geben. Ich höre schon jetzt das Geschrei derer, die etwas abgeben müssen, damit die Gemeinschaft fortbestehen kann.
Man muss unseren Bundeskanzler Merz nicht mögen, aber seine Analyse ist richtig, denn so kann es nicht weiter gehen. So bekommen wir unseren Sozialstaat nicht mehr finanziert. Darüber hinaus besteht die Gefahr als souveräner Einzelstaat zwischen den Großmächten aufgerieben zu werden. Wir brauchen einheitliche Verhältnisse und Europa mehr, als uns vielleicht lieb ist!
Wenn die Bürger einsehen, dass wir mit einem gemeinsamen Staatenbund in Summe besser unterwegs sind, wenn wir unsere Wirtschaftskraft, Wehrhaftigkeit und unsere soziale Verantwortung bündeln, können wir mehr erreichen und den modernen Agitatoren, Autokraten und Rattenfängern der Welt und innerhalb Europas und Deutschlands besser Paroli bieten! Dann können wir unsere Werteordnung aufrechterhalten und müssen uns nicht dem nationalistischen Sumpf ergeben!
Vieles geht, wenn man nur richtig will und bereit ist die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die daraus resultierenden Ergebnisse mehrheitlich mitzutragen.
