Gesellschaft

Die äußere Erscheinung bewirkt viel

Unsere äußere Erscheinung hat viele Facetten und diese unterliegen nicht alle unserer uneingeschränkten Einflussnahme. Sie hat aber offensichtlich enorme Auswirkung darauf, wie uns Andere wahrnehmen und welche Eigenschaften sie uns zuschreiben.
Wir sollten uns also darüber bewusst sein, welche Wirkungen wir erzielen (wollen) und ob und wen ja, wie wir das beeinflussen (wollen). In modernen Gesellschaften zeigt sich hier ein enormes Potential.

Die Scala reicht vom bewussten Understatement über ein ungepflegtes Äußeres hin bis zur vollparfümierten Modeikone und letztendlich zur Schönheitschirurgie. Der Hype um die Avatare im Netz und deren Ausformungen zeigen das Bedürfnis der Menschen sich zu gestalten.

Manche Dinge entziehen sich aber weitgehend der trendigen Gestaltung des Äußeren. Dazu gehören Blick, Timbre, Größe, Knochenbau u.V.m. Natürlich verschieben Geldbeutel und der unbedingte Wille zur Veränderung seines Erscheinungsbildes die Grenzen des Machbaren. Irgendwann setzt vielleicht auch die Ethik gewisse Grenzen, die aber mehr und mehr an Bedeutung verlieren.
Die sogenannten unehrlichen Äußerlichkeiten/Signale (Kleidung, Haarfarbe usw.) stehen dem Gestaltungswillen des Individuums nahezu uneingeschränkt zur Verfügung und sollten daher nur bedingte Rückschlüsse auf die Person erlauben, wenn da nicht diese versteckten Hinweise wären (Modeaffinität, Peergroup, Extrovertiertheit, Geldbeutel usw.). Selbst der Name eines Menschen sagt einiges über seine Herkunft aus und verleitet oft zu vorschnellen Urteilen (Kevin, Malaika Mihambo usw.).

Wie so Vieles, treibt auch hier die Mode merkwürdige Stilblüten. Das Versprechen „Wer sich entsprechend Kleidet, wirkt besonders attraktiv.“ (Color me beautiful, Carole Jackson) stammt aus den 1980er Jahren und begründete die individuelle und vermeintlich professionelle Farbberatung für einige hundert Euro pro Fall.
Die Forschung ist bei diesem Thema noch nicht sehr weit fortgeschritten. Es wurde aber festgestellt, dass z.B. eine makellose Haut und bei Frauen ein gewisses Verhältnis zwischen Hüft- und Taillenumfang für Attraktivität steht. Die Farbe der Augen ist meist ein Hinweis darauf, welche Farbkombinationen wir der betreffenden Person als attraktivitätssteigernd zuschreiben. Und … dass einige Attraktivitätsmerkmale kulturübergreifend signifikant gleich sind, was die Vermutung nahelegt, dass Gene bei der Feststellung von Attraktivität ebenfalls eine gewisse Rolle spielen.
Schwierigkeiten für die Forschenden ergeben sich auch daraus, dass Farben nicht bei jeder Person die gleichen Wirkungen erzielen und positive/negative Vorbelegungen vom jeweiligen Kulturkreis beeinflusst werden.
Der „Red-romance“ Effekt bildet da wohl eine Ausnahme. Nach einer Untersuchung von Elliot & Niesta von der Uni Rochester (USA) steigert eine rot gekleidete Frau durch die Farbwahl ihre Attraktivität, soweit die Farbe zu dieser Person passt. Die Forschenden ziehen Vergleiche zu den Primaten. Die Geschlechtsteile der Weibchen färben sich in Zeiten größter Fruchtbarkeit rot. Bei Menschen färben sich oft Wangen und Dekolleté rot (Sascha Schwarz, Bergische Universität Wuppertal).
Manche Menschen nutzen diesen Umstand bewusst. Nach einer Analyse der Psychologen Kramer/Mulgrew (GB), die die Datingschow „First Dates“ auswerteten. In abgeschwächter Form gilt das wohl auch für die Farbe Schwarz, die für viele Menschen mit einem höheren sozialen Status des Trägers gleichgesetzt wird.

Die wenigsten Menschen, die genügend Mittel für Kleidung, Frisur und Körperpflege haben, stellen sich nach außen anders dar, als sie sich im innersten fühlen. Es sei denn, man möchte seine Umwelt über sich selber täuschen, aber auch das ist ein Ausdruck der individuellen Persönlichkeit und Empfindungen.
Darüber hinaus sendet man eine Botschaft nach außen, die uns als Mitglied einer Gesellschaft oder sogar Gesellschaftsgruppe, zumindest aber einer Gesinnungsgemeinschaft und seines sozialen Status definiert. Auch hier natürlich ebenfalls nur insoweit man seine Umgebung nicht absichtlich täuschen will.

Ein Ergebnis scheint auf jeden Fall gesichert:
Kleidung und Erscheinung senden eine persönliche, soziale und kulturelle Botschaft an die Umwelt!

Die Umwelt wiederum greift diese Signale auf und verarbeitet sie zu einem Bild, schreibt auf Grund dessen der Person Eigenschaften zu und sortiert sie sozial und hierarchisch ein.
Es besteht zwar die Gefahr einer Fehldeutung, aber dieses System hat sich in der menschlichen Entwicklung etabliert und scheint offenbar seinen Zweck erfüllt zu haben.
Das gilt auch heute noch, obwohl es aktuell von vielen Menschen moralisch in Frage gestellt wird.
(Quelle: u.a. Frank Luerweg, Wissenschaftsjournalist aus Lüneburg)