Gut gemeint ist nicht gut gemacht!
Der Begriff Wokeness beschreibt ein Bewusstsein für die oft unsichtbaren und „normalen“ Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen im täglichen Leben zu haben. So weit, so gut!
Daneben gibt es aber auch die Dauererregtheit, die überall Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen wittert und nach Triggern der Empörung Ausschau hält.
Man empört sich, um sich überlegen zu fühlen!
Die woke Gemeinschaft nimmt sich das Recht heraus eine pluralistische Gesellschaft in eine binäre zu zwingen. Sie reklamiert für sich die Deutungs- und Entscheidungshoheit was Recht und Unrecht ist und benutzt dafür eine pseudo-moralische Keule, die kein „aber“ zulässt. Ein unverkrampfter gesellschaftlicher Diskurs wird zerstört.
Die dabei oft laut vorgetragene Empörung ist sicherlich ein Zeichen der inneren Erregtheit und des Engagements. Oft erscheint es dem Zuhörer aber auch als überzogene pubertäre Überidenifizierung mit aktuell virulenten Themen oder noch schlimmer, indem man die erstickende Gleichschaltung aus dem vergangenen geglaubten Sowjetsystem wiedererkennt. Die berechtigte Anklage schreiender Ungerechtigkeiten gehen unter in der Flut überbordender Unwichtigkeiten oder sogar neuer Fehlentwicklungen.
Diese zeigen sich insbesondere in der Gleichschaltung von Sprache und Kunst. Diese blühen erst richtig auf, wenn sie Platz für ihre Entwicklung haben. Jede übertriebene Einengung zerstört den Freiraum für spielerisch Entwicklungen und experimentelle Erweiterungen dieser Kulturgute. Verbote, wie „macht man nicht“ oder „sagt man nicht“ sind wie gute Medizin, die im Übermaß giftig ist.
Es geht nicht nur um die Mäßigung bei der Beachtung und medialer Aufwertung woker Minoritäten, sondern es geht um die Bedingungen für die Möglichkeit von Kritik. Echte Kritik braucht die Sicherheit für eine sachlich vorgetragene Meinung nicht angeklagt zu werden. Gemeint ist hier nicht die Ehre verletzende oder denunzierende demagogische Volksverhetzung, sondern die Kunst des Zuhörens und Debattierens. Das beinhaltet andere Meinungen gelten zu lassen und eine unbedingte Tatsachentreue und Wissenschaftsakzeptanz an den Tag zu legen.
Wer das nicht akzeptieren kann, lehnt geistige Freiheit ab und ebnet ihren Feinden und Verächtern den Weg zu Intolleranz, Beschränktheit und Überwachung. Gegenüber Ihnen muss man wirklich woke sein!
(In Anlehnung an einen Artikel in der Neuen Züricher Zeitung von Eduard Kaiser, Physiker und Philosoph)
