Gesellschaft und Politik

Stirbt die Menschheit aus, oder sind wir doch zu viele … oder beides?

Aktuell leben ca. 8 Milliarden Menschen auf der Erde. Vor ca. 100 Jahren waren es 2 Milliarden und irgendwann um 2100 sollen es 10 Milliarden Menschen sein (1).
Ist die Welt für so einen Massenansturm egoistischer, gewaltsamer und zerstörerischer Individuen gewappnet oder einfach nur überfordert?

Für die einen ein Horrorszenario, für die anderen alles halb so schlimm. Frei nach Angela Merkel „Das schaffen wir schon!“.
Ich bin der Meinung, dass die meisten Probleme der Menschheit nicht eingetreten wären, wenn wir uns nicht aufgemacht hätten uns die Welt untertan zu machen und zu überschwemmen. Andererseits leidet unsere Wirtschaft unter Nachwuchsproblemen, die sozialen Sicherungssysteme kommen an Kipppunkte und die alternde Gesellschaft birgt sozialen Sprengstoff.

Aber was soll man tun? Selbst in China rast der Generationenzug mit voller Fahrt auf eine Mauer zu. Die staatlich verordnete „Ein-Kind-Familie“ ist Propaganda von gestern. Der Staat verordnet eine „Mehr-Kind-Familie“. Allerdings mit wenig Erfolg.

Möglicherweise wird uns das Denken aber auch durch „natürliche“ Prozesse abgenommen. Dieses Phänomen ist als „Logistisches Populationswachstum“ (2) bekannt.
Wenn in einem Habitat eine endliche Menge an Ressourcen vorhanden ist, kann eine Population exponentiell wachsen. Werden die Ressourcen für die wachsende Anzahl der Individuen zu knapp, Wechselt das exponentielle Wachstum in ein lineares. Wird der Überlebenskampf noch härter wechselt das lineare Wachstum in eine Stagnation, um ggf. sogar in ein negatives Wachstum zu münden.


Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes sinkt die Anzahl der Geburten in den letzten Jahren kontinuierlich. Als ein Wichtiger Grund dafür wird die rückläufige Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter (20 – 39 Jahre) genannt (3). Wobei die Anzahl der kinderlosen Frauen (Referenzaltersgruppe 45 – 49 Jahre alt) konstant bei 20% geblieben ist (4). Hierbei ist interessant festzustellen, dass die Quote der kinderlosen Frauen direkt an den Bildungsstand gekoppelt zu sein scheint.

  • Hoher Bildungsstand -> 23%
  • Mittlerer Bildungsstand -> 21%
  • Niedrigerer Bildungsstand -> 11%

Ebenfalls auffallend ist, dass Mädchen, die erst nach Vollendung des 15. Lebensjahres nach Deutschland zugewandert sind, signifikant mehr Kinder bekommen und dass sich hier ein niedriger Bildungsstand noch wesentlich markanter auswirkt (4).

Dem kann man natürlich entgegenhalten, dass wir uns bemühen die Nahrungsmittelproduktion zu optimieren und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Aber so recht erfolgreich sind wir dabei nicht und die o.a. Zahlen sprechen für sich.

Aber wie kommt es überhaupt zu dem Rückgang der Geburtenrate? Zur Erinnerung, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten, bedarf es einer Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau. Aktuell liegt dieses stetig sinkende Fertilitätsniveau aber auf einem historischen Tief von 1,36.
Für die Gründe gibt es eine ganze Reihe von Theorien. Einige tauchen aber in den verschiedensten Berichten immer wieder auf, so z.B. auch teilweise in einer Pressemitteilung des „Bundesinstituts für Bevölkerungswachstum“ (5).

Ein Grund ist sicherlich die Verunsicherung während der Corona-Pandemie. Nahtlos reihten sich dann die Berichte über die Klimakatastrophe, den Ukrainekriegs und vieler weiterer Katastrophen ein. Das hat die jungen Menschen nachhaltig verunsichert und die Frage aufgeworfen, ob man in diese Welt überhaupt ein Kind setzen will, dass dann alle Probleme aushalten muss. So ganz unschuldig sind die heutigen Eltern im Wartestand aber dann auch wieder nicht, weil sie durch ihr Konsumverhalten maßgeblich zur Umweltzerstörung beigetragen haben und trotz mittlerweile besserem Wissen weiterhin dazu beitragen. Dazu kommt dann noch, dass viele junge Ehepaare in einer urbanisierten Gesellschaft darauf angewiesen sind, dass beide Partner Vollzeit arbeiten gehen, um die steigenden Lebenshaltungskosten aufzufangen. Der familiengerechte Wohnraum wird immer knapper und teurer, der Erwerb von Hauseigentum ist ohne Erbmasse für viele kaum umsetzbar. Wenn käme eine ältere gebrauchte Immobilie in Frage, die dann aber (z.B. Gebäudeenergiegesetz) aufwendig und kostenintensiv in Stand gesetzt werden müsste. Auch die Ausbildungsphase hat sich durchschnittlich verlängert, da immer mehr junge Menschen einen akademischen Ausbildungsverlauf wählen und dann erst im letzten Quartal ihrer 20er-Lebensjahre in ein Arbeitsverhältnis kommen und sich dort zunächst etablieren wollen.

Nicht zu vergessen aber auch, dass das Wohlstandsversprechen vorheriger Generationen so nicht mehr stimmt. Die derzeitige junge „Generation Z“ ist damit aufgewachsen, dass in weiten Kreisen der Bevölkerung Wohlstand herrscht und der Satz galt: „Dem Kind soll es mal besser gehen!“. Wohlstandsgewinne wurden dann kaum mehr als Gewinn von Lebensqualität wahrgenommen, sondern eher als selbstverständlich mitgenommen. Einbußen im Konsum führen in dieser Situation erheblich schneller zu Frustration und depressiven Zuständen. Der Kinderwunsch wird dann immer weiter nach hinten geschoben und man merkt, dass ein kinderloses Dasein auch seine Vorteile hat. Nach aktuellen Untersuchungen (6) sind nämlich Ehepaare ohne Kinder nicht weniger glücklich als Paare mit Kindern. Das gilt auch langfristig, denn die wenigsten bereuen diese Entscheidung.

Natürlich kann man dem gesellschaftlich entgegensteuern, indem man den Eltern einiges erleichtert. Die ersten Schritte dazu sind getan, aber wer aktuell mit jungen Eltern spricht erhält ein eher gemischtes Bild. Sicherlich gibt es Erziehungsurlaub, Erziehungsgeld, Kindergeld und weitere soziale Leistungen. Aber die Lebenswirklichkeit der jungen Eltern ist dadurch geprägt, dass das Armutsrisiko bei Alleinerziehenden besonders hoch ist, Kita-, Kindergarten- und Grundschulplätze nur unzureichend an falschen Plätzen oder sogar nur konfessionsgebunden zur Verfügung stehen. In diesen Einrichtungen fehlt dann regelmäßig Geld und Personal, um einen guten oder oft auch nur einigermaßen verlässlichen Dienst zu garantieren. Eltern müssen improvisieren, die Verwandtschaft einbinden, eigene (Arbeits-)Pflichten vernachlässigen und meist sogar Verdiensteinbußen in Kauf nehmen, um das aufzufangen. Abgesehen davon ist ein Betreuungsplatz oft auch mit hohen Kosten verbunden, insbesondere dann, wenn man so viel verdient, dass man sich ggf. Ein Hauseigentum leisten könnte. Das wird wiederum durch die vermehrten Betreuungskosten schwieriger gemacht.

Andererseits darf man sich von den möglichen Verbesserungen nicht zu viel versprechen, weil die Geburtenraten in den skandinavischen Ländern, die wesentlich familienfreundlicher aufgestellt sind, ebenfalls im freien Fall sind (5).

Das hat in Teilen der jüngeren Generationen zu einer Desillusionierung beigetragen, was kein guter Boden für die Zeugung von Nachwuchs ist.

Wenn selbst höherqualifizierte Arbeitsplätze sind nicht mehr sicher sind (KI), Renten nicht mehr sicher sind, Wohnraum unbezahlbar werden, Einkommen rückläufig sind, Lebensräume kaputt konsumiert werden, Artensterben um sich greift, Kriege vor der Türe und global zur Normalität werden, anstehende Verteilungskämpfe um Ressourcen drohen, riesige Migrationsströme unterwegs sind und dann das Alternativangebot … Wiedereinführung des Wehrdienstes, vegane Lebensweise und für den NABU Blümchen zählen. Eine verunsicherte Generation.

Es gibt aber auch noch ein anderes Problemfeld. Da die Eltern immer später bereit sind Kinder in die Welt zu setzen, rutschen Frauen vermehrt aus dem Bereich des problemlosen Gebäralters heraus. Im Jahr 2022 lag das Durchschnittsalter erstgebärender Frauen bei 30,4 Jahren, bei deren Männern bei 33,3 Jahren (7).
Eine Risikoschwangerschaft wird ab dem 35 Lj. im Mutterpass eingetragen.

Als weitere Gründe für eine Risikoschwangerschaft sind hier aber auch Wohlstandskrankheiten, wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislaufprobleme etc. zu benennen, die heute ebenfalls weit verbreitet sind (8).

Ein häufig nicht beachteter weiterer Grund ist der weltweit zu beobachtende Rückgang der männlichen Spermien im Ejakulat (8). Anhand einer Metastudie wurde nachgewiesen, dass eben nicht nur die Industriestaaten mit ihrer Umweltverschmutzung, Strahlenbelastung, zu enge Hosen, ungesundem Lebenswandel und Ernährung betroffen sind, sondern fast alle Länder der Welt, wenn auch in unterschiedlichem Maße. In den letzten 46 Jahren hat sich die Anzahl der Spermien durchschnittlich von 101,2 Millionen Spermien auf einen Milliliter Samenflüssigkeit auf nur noch 49 Millionen verringert. Tendenz, um 2,5% jährlich weiter sinkend. Spermienzahl und -konzentration sind aber nicht nur Indikatoren für die Fruchtbarkeit, sondern auch Indizes für die Gesundheit des Mannes. Es können ebenso Hinweise auf chronische Krankheiten, Hodenkrebs und eine insgesamt geringere Lebenserwartung sein, was für sich genommen wiederum dazu beiträgt, dass die Geburtenraten sinkt.

Über die Gründe ist man sich noch nicht abschließend klar geworden. Möglicherweise ist in den westlichen Ländern der gestiegene Östrogengehalt des Trinkwassers (Herkunft: Anti-Baby-Pille) ein Grund dafür (10). Weiterhin könnten Chemikalien in Plastik, Kosmetikartikeln, Pestiziden Auswirkungen haben. Mäuse wurden z.B. durch Weichmacher unfruchtbar, männliche Frösche produzierten plötzlich sogar Eizellen und keine Spermien mehr.

In der Schweiz wurden etliche Stoffe bereits verboten, bleiben aber wohl trotzdem noch einige hundert Jahre in der Umwelt. Bei der Neuzulassung müssen solche Kriterien bedacht werden. Schädliche Phtalate kommen in Plastikflaschen, Kosmetika und Weichmachern vor. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass männliche Nachkommen von Müttern, die während der Schwangerschaft Chemikalien und Pestiziden ausgesetzt waren, später eine schlechtere Spermienqualität haben.

Daneben gibt es noch eine ganze Reihe anderer Gründe, die für ein Abrutschend der Geburtenrate ursächlich sein können.
Mit der zunehmenden Urbanisierung und dem Wandel zur städtischen Lebensweisen steigt die Bildung, aber auch die Umweltbelastung mit schädlichen Stoffen und der pekuniäre Druck auf die Bevölkerung, es mangelt an bezahlbarem Wohnraum und somit sinkt dann die Geburtenrate.
Die Lebensprioritäten der jungen Generation (z.B. work-life-blalance) haben sich geändert. Selbstverwirklichung und Individualität haben eine höhere Priorität bekommen.
Eine bessere Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln und Familienplanungsdiensten trägt dazu bei, dass Paare ihre Familienplanung besser steuern können. In vielen Ländern führt eine bessere Bildung insbesondere von Frauen dazu, dass diese weniger Kinder bekommen. Frauen, die Zugang zu Bildung und beruflichen Möglichkeiten haben, entscheiden sich oft bewusst für weniger Kinder. Traditionelle Familienstrukturen ändern sich in vielen Gesellschaften, sodass Paare eine andere Einstellung zur Kindererziehung haben und sich bewusst gegen viele Kinder entscheiden.

Das bleibt nicht ohne Folgen.
Wenn die Geburtenrate dauerhaft niedrig ist, besteht die Gefahr eines Ungleichgewichts zwischen der Anzahl der jüngeren und der älteren Bevölkerung. Dies führt zu einer überalternden Bevölkerung, was z.B. wirtschaftliche Probleme verursachen kann.  Ein Mangel an Arbeitskräften und eine höhere Belastung der Sozialsysteme sind schnell erreicht. Eine niedrige Geburtenrate kann sich negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken, da weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter in den Arbeitskreislauf eintreten. Die Menschen werden älter und belasten die sozialen Sicherungssysteme durch steigende Krankheits- und Rentenkosten, die durch die wenigen Beitragszahler getragen werden müssen. Dieses Ungleichgewicht könnte zu einem langsameren Wachstum führen und die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beeinträchtigen. Eine sinkende Bevölkerungszahl führt unausweichlich zu weiteren Problemen, wie der Vergreisung ganzer Landstriche. Dadurch kann es zu Leerständen bei den Immobilien kommen, Infrastrukturen verteuern sich, weil sie von weniger Haushalten getragen werden, das gesamte soziale Gefüge verändert sich und führt zur Unattraktivität und letztendlich zur Entvölkerung dieser Gegenden (12).

Können wir uns jetzt nur noch beim Untergang zusehen?

Zunächst ist eine Stagnation der Weltbevölkerung eher wünschenswert. Allerdings ist die Wende in der Bevölkerungsstatistik regional sehr unterschiedlich. In bildungsfernen, stark religiös und patriarchal geprägten Gesellschaften ist das Bevölkerungswachstum immer noch überdurchschnittlich hoch.

Ein Lösungsansatz für die westliche Welt könnte daher die Migration sein. Leider migrieren aber hauptsächlich junge Männer aus eben diesen prekären Regionen der Welt und bringen ihre dort geprägten Wertvorstellungen mit. Es bedarf enormer gesellschaftlicher Anstrengungen diese Menschen in unsere Gesellschaft und den hiesigen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Wir müssen dabei auch Vorsicht walten lassen, denn die Bevölkerung der aufnehmenden Staaten werden irgendwann an den Rand des guten Willens gebracht und Populisten und Demagogen werden das ausnutzen, was wiederum zur Schwächung der westlichen Demokratien führen kann und aktuell auch schon führt.

Wir müssen die sozialen Sicherungssysteme krisensicher umbauen und den Arbeitsmarkt anpassen. Das wird nicht ohne schmerzliche Einschnitte gehen. Diese sind zu vermitteln. Dazu könnten ein verspäteter Renteneintritt und eine vermehrt steuerfinanzierte Rente zählen. Umverteilungen von Sozialleistungen nach Bedürftigkeit und nach der Fähigkeit der Selbsthilfe. Eine Neuorganisation des Gesundheitswesens müsste genauso in Angriff genommen werden, wie eine geregelte Migration. Das Steuersystem muss modernisiert werden und der Gedanke der sozialen Marktwirtschaft ggf. wiederbelebt werden. Den Menschen muss Leistung wieder erstrebenswert gemacht werden.

Wir müssen die jungen Menschen in ihrer Lebensführung unterstützen, indem man offen über Ängste und Sorgen spricht und Hilfen anbietet. Man muss sie ermutigen eigene Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen, ein Unterstützungsnetzwerk in Familie und Freundeskreis aufbauen usw.

Nicht zuletzt ist es aber auch einfach nur schön, ein Kind beim Heranwachsen zu begleiten und etwas darauf zu vertrauen, dass Veränderungen meist nur von den Jüngeren betrieben werden. Ob diese dann der Menschheit zum Vorteil gereichen oder nicht, muss die Geschichtsschreibung beurteilen.

Quellenangaben: